Sabine Mertens
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Bilder machen Leute!

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Coach, Trainer, Psychotherapeut HPG, Kunsttherapeut

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Coaching und Supervision mit (Resonanz-)bildern, Konflikt- Stressmanagement, Resilienzentwicklung, Burnout Prophylaxe, Potentialdiagnostik, Personalauswahl...

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Sabine Mertens

Behringstr. 28a

22765 Hamburg

Deutschland


branchenübergreifend Führungskräfte, Mitarbeiter, Teams, Privatpersonen

Coaching und Supervision mit (Resonanz-)bildern, Konflikt- Stressmanagement, Resilienzentwicklung, Burnout Prophylaxe, Potentialdiagnostik, Personalauswahl
Auf Anfrage
Akkreditierter INSIGHTS MDI® Berater, Psychotherapeut HPG, Kunsttherapeut
Deutsch Muttersprache, Englisch sehr gut
1980
Zeichnen im Coaching, 60 Impulskarten mit konkreten Handlungsanleitungen, Beltz 2018 Wie Zeichnen im Coaching neue Perspektiven eröffnet, Reihe Weiterbildung Coaching, BELTZ, 2014

Literatur-Tipps

Wie Zeichnen im Coaching neue Perspektiven eröffnet

Wie Zeichnen im Coaching neue Perspektiven eröffnet

  Sabine MertensWie Zeichnen im Coaching neue Perspektiven eröffnetBeltz Verlag 2014336 Seiten, 49,95 EURO Stress, Depressionen, Burnout, (Existenz-) Ängste – das sind die großen emotionalen Herausforderungen unserer Zeit. Wie können Menschen in unsicheren Verhältnissen Orientierung finden, ihr Selbstvertrauen vertiefen und ihren Handlungsspielraum erweitern?Spontan gezeichnete Bilder schaffen Klarheit über ein Thema und lassen im Nu Ressourcen, Potenziale, Konflikte und Blockaden erkennen. Daraus können passgenaue Handlungsmöglichkeiten abgeleitet werden. Die zahlreichen Falldarstellungen mit Bildbeispielen veranschaulichen die wichtigsten Wirkfaktoren dieser einzigartigen Coaching- und Beratungsmethode.Sabine Mertens zeigt anhand von vielen Klientenzeichnungen, wie Coaches, Berater und Trainer mit dem Zeichnen von Bildern arbeiten und diese für Entscheidungsprozesse und Problemlösungen nutzen können.
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Beiträge von Sabine Mertens

Zeichensprache im Coaching: Selbstvergewisserung in unsicheren Zeiten

Zeichensprache im Coaching: Selbstvergewisserung in unsicheren Zeiten

Zeichensprache im Coaching Selbstvergewisserung in unsicheren Zeiten Sabine Mertens Im Coaching mit selbstgezeichneten Bildern werden Konflikte, Potenziale und Lösungs- bzw. Behelfsmöglichkeiten sichtbar. Ein Coaching-Prozess mit visuellen Resonanzen stößt Entwicklungsprozesse an und fördert langfristig tragfähige Entscheidungen. Zeichnungen spiegeln Erfahrungswissen aus dem Körpergedächtnis. Die vorgestellte Fallgeschichte handelt von einem, der auszog, Führungskraft zu werden, seinem vermeintlichen Burnout und einer irritierenden emotionalen Selbsterkenntnis. „Erkenne dich selbst“ ist berechtigterweise der beständigste Rat der Philosophen über die Jahrtausende. Verantwortung für die eigenen Handlungen und Entscheidungen zu übernehmen, ist unbedingte Voraussetzung dafür, allerdings leichter gesagt, als getan. Auch der Umgang mit widrigen Umständen und die Einordnung sehr widersprüchlicher Gefühle gehören zur Selbsterkenntnis, ebenso wie die Integration der eigenen unbewussten Wünsche, die rational gesetzten Zielen zuwider laufen können. Eigenhändig gezeichnete Bilder machen Unbewusstes sichtbar Spontane Zeichnungen können eine große Hilfe bei der Selbstvergewisserung sein. Sie machen auch langfristig wirksame unbewusste Anteile der Persönlichkeit sichtbar. Der Zeichner gewinnt Selbstsicherheit, denn Bilder spiegeln zurück, was ist, was war, und was potentiell sein wird: Selbst widersprüchliche Phänomene stehen in Handzeichnungen scheinbar unvermittelt nebeneinander. Sie veranschaulichen die innere Vielfalt und Pluralität von Wahrnehmungen, Gefühlen, Einstellungen und Werten des Zeichners. Ungesagtes, Latentes, Implizites tritt in den Bildern zutage, zusammen mit Mehrdeutigkeiten, Doppelbindungen und Paradoxa... Widersprüchlichkeit und Komplexität müssen wir Menschen nicht nur aushalten, sondern wir können sie uns zunutze machen. Oft ist eine Lösung, die den Namen wirklich verdienen würde, nicht zu haben, weil Probleme zu komplex und daher unlösbar sein können. Deshalb reicht bisweilen ein „Workaround“ (Behelf) aus, um einfach wieder handlungsfähig zu werden. Dabei sind Resonanzbilder ein einfaches, immer und überall verfügbares Mittel. Ein Resonanzbild zu einem körperlichen Zustand, Gefühl oder Gedanken ist schnell gezeichnet. Die Beschäftigung damit hilft, die eigenen Stimmungen und damit verknüpfte körperliche Erregungszustände kennenzulernen, mitsamt ihren widerstreitenden Bedürfnissen, sei es z.B. nach Ruhe oder Kraftausübung. Man findet dabei sehr leicht heraus, welche inneren (oft überaus selbstkritischen) Überzeugungen in welchem Gemütszustand wirksam sind. Erfahrungswissen und Körpergedächtnis Malen und zeichnen kann jeder, denn der menschliche Zeichenfundus basiert auf Lebenserfahrung. Und so ist auch die Entschlüsselung von Zeichencodes eine Erkenntnisform, die im Menschen von Natur aus angelegt und daher für jedermann zugänglich ist. Jeglicher zeichensprachliche Ausdruck ist zwar einzigartig und individuell, gründet aber auf kollektiv überlieferten Formen und Strukturen, fundiert durch den menschlichen Wahrnehmungsapparat. In den zeichensprachlichen, metaphorischen und symbolischen Encodierungen äußern sich sowohl individuelle Erlebnismuster, als auch allgemeingültige Aspekte. Wie physikalische Grundgesetze für alle gelten, so resultiert aus dem menschlichen Organismus ein körperlich fundierter Sinn für Angemessenheit, Konsistenz und Balance. Durch unsere Fähigkeit zur ästhetischen Wahrnehmung sind uns Maß und Mitte förmlich eingeschrieben. So sind Merkmale von gemalten oder gezeichneten Strukturen „primäre Erfahrungswerte menschlicher Wahrnehmung, sodass [z.B.] die Dreieckigkeit kein spätes Produkt einer verstandesmäßigen Abstraktion ist, sondern vielmehr eine unmittelbare Erfahrung, elementarer als das Aufzeichnen einzelner Details“ (Arnheim). Wir handeln aus Erfahrung, und Gefühle sind dabei Treiber mit vorschreibendem Charakter (Simon). Unser duales Nervensystem befähigt uns, ausgehend vom normalen Wachbewusstsein auch extreme Ausschläge zu erleben und durchzustehen. Den zentralnervösen Erregungszuständen zwischen Ekstase und totaler Entspannung entsprechen nach dem psycho-physiologischen Modell des Neurophysiologen Roland Fischer verschiedene Bewusstseinszustände. Diese wirken wiederum auf unsere Stimmungen zurück, welche wieder unser Denken und die Qualität unserer Schlussfolgerungen und Entscheidungen beeinflussen. Irritierende Ich-Zustände visualisieren und transformieren Im Alltag gibt es vielfältige Anlässe, sich durch das eigene oder das Verhalten anderer irritiert zu fühlen. Es lohnt sich immer, eine derart vom durchschnittlichen Wachbewusstsein abweichende Gereiztheit ins Bild zu setzen und herauszufinden, was dahinter steckt. Irritationen verbinden die Maler mit fest verdrahteten Verhaltens- und Konfliktmustern, mit spezifischen Erinnerungskonstellationen, die einer beliebigen Situation im Hier und Jetzt immer noch ihren Stempel aufdrücken. Irritationen verweisen immer auf ein (älteres) Grundthema. Sie können – sofern wir ihnen auf den Grund gehen – eine heilsame progressive Dynamik auslösen, wie im Folgenden die spontanen Zeichnungen von Herrn G. Abb. 1 zeigt eine ganze Ansammlung von Skizzen, die beinahe wie ein Schaltplan seiner Emotionen anmuten. Herrn G. beschäftigten zu Anfang des Coachingprozesses seine Überlastung im Job und die Frage, ob er vielleicht unter einem Burnout leide. Die Zeichnungen sind auf einer Papierrolle als freie Assoziationen ausschließlich zum Thema „Irritationen“ entstanden. Die Glühbirne (Abb. 2) steht für den Zeichner selbst und seine – gegen alle rationalen Erwägungen stehende – „Erleuchtung“, dass er gar nicht zur Führungskraft taugt, wie er lange dachte. Abb. 2: Erkenntnis Diese Erkenntnis steht nicht nur seinem eigenen Vorsatz entgegen (Führungskraft werden), sondern auch unserem vereinbarten Coaching-Ziel. Ursprünglich sollte das Coaching Herrn G. darin unterstützen, sich durchsetzungsstärker als Führungskraft zu positionieren. Seine Zeichensprache drückt nun genau das Gegenteil aus, eine Ungleichung: Herr G. ≠ Boss. Diese emotionale Selbsterkenntnis ist sehr irritierend, denn Herr G. hatte lange den Aufstieg zur Führungskraft als sein oberstes Ziel verfolgt und große (vergebliche) Anstrengungen unternommen, dieses Ziel zu erreichen. Auch sein Selbstwertgefühl wurde durch die Karrierepläne gespeist, und er hatte als Führungskraft in spe eine Sonderrolle gegenüber den anderen Mitarbeitern. Zunächst vertiefte sich also für Herrn G. die kognitive Dissonanz – ein Spannungszustand auf Grund sich widersprechender Überzeugungen und Erkenntnisse. Abb. 3: Schwebebahn Die Wuppertaler Schwebebahn (Abb. 3), stellt die dazugehörige Emotion als „Schwebezustand“ dar. Sie steht hier symbolisch für den unterschwelligen Ich-Zustand der Unsicherheit, der sich über viele Monate hinzog, verbunden mit ängstlicher Grundgestimmtheit, Wutausbrüchen aus heiterem Himmel, ja insgesamt einem im Vergleich zum Alltagsbewusstsein etwas erhöhten Erregungszustand (siehe Fischer-Modell). Das Gute (im Schlechten) dieses Zustands war, so Herr G., „dass ich mich für nichts entscheiden muss“ und „Wegfall der Geschäftsgrundlage“, kommentierte er später lachend, dass wir das ursprüngliche Coaching-Ziel nicht erreicht hatten. Ein falsches Ziel behindert Entwicklung und Wachstum Es kommt immer wieder vor, dass Menschen sich aus rein rationalen Erwägungen, aus Wunschdenken oder unter sozialem Erwartungsdruck bestimmte Ziele setzen und Entscheidungen treffen bzgl. Berufswahl, Partnerwahl, Gestaltung der Lebensumstände, Arbeitsplatzwechsel usw. Zwischen falschen und passenden Zielen zu unterscheiden, ist m. E. eine der wichtigsten Voraussetzungen des Coaching-Erfolgs. Ein falsches Ziel zu verfolgen kostet langfristig viel Kraft und kann tatsächlich zu einem Gefühl des Ausgebrannt seins (Burnout) führen, denn es bedeutet, viel Kraft dafür aufwenden zu müssen, ein anderer sein zu wollen, der man nicht ist und auch nicht sein kann. Bei ehrlicher Betrachtung stellte Herr G. fest, dass die Tätigkeiten und Handlungen, die mit einer Führungsposition verbunden waren, ihm „eigentlich uninteressant“ erschienen. Außerdem fühlte er sich nicht kompetent, sie auszuüben. Abstrakte Planungsaufgaben zu übernehmen, langfristige Ziele durch Führen, Motivieren und Kontrollieren anderer Menschen zu erreichen, vollkommen unabhängig und strategisch zu denken, auch wenn die Zustimmung des sozialen Umfeldes ausbliebe, sowie sich überdurchschnittlich mit dem Unternehmen zu identifizieren, das alles war seine Sache nicht. Die Einsicht, dass es ihm tief innerlich nicht entsprach, Führungskraft in einer Linienorganisation zu sein, machte hier den eigentlichen Coaching-Erfolg aus. Diese Erkenntnis war für Herrn G. der Beginn einer neuen Lebensphase, in der er sich selbst und seine Bedürfnisse besser spüren konnte. Seine eigentlichen Herausforderungen lagen gerade nicht im beruflichen Aufstieg auf der Karriereleiter, sondern in der persönlichen Weiterentwicklung und dem Erreichen einer dynamischen emotionalen Stabilität, die ihn befähigen würde, seinen eigenen Weg abseits der Standardkarriere zu gehen, die er selbst und seine Familie lange von ihm erwartet hatten. Herr G. musste vor allem Verantwortung für seine Gefühle übernehmen. Das geschah in dem Resonanzprozess mit sich selbst: Die selbst gezeichneten Bilder spiegelten Herrn G. Aspekte seiner selbst, die er vorher übergangen hatte. Biographisches Lernen Die Auseinandersetzung mit diesen spontanen Skizzen veranschaulicht exemplarisch, „dass nachhaltiges Lernen Irritationen und ihre reflexive Verarbeitung voraussetzt, mit dem Ziel der Wiedergewinnung biografischer Kohärenz“ (Schüßler). Die Chance des Zeichners, als Persönlichkeit zu reifen, bestand darin, seine Irritationen als Verweise auf unbearbeitete Themen in seiner biografischen Entwicklung wahrzunehmen und diese emotional aufzuarbeiten. Im biografischen Zusammenhang wurde sein bisheriges Verhalten begreifbar (Mertens, 2014). Die Irritationsskizzen zeigen in ihrer Gesamtheit Herrn G.s aktuell wirksame emotionale Bandbreite. Da ist der tränenüberströmte achtjährige Schuljunge, der durch den Karriereweg des Vaters in ein fremdes Land versetzt worden war, dessen Sprache er nicht verstand (Ecole 1989). Seine chronologisch später angesiedelte Unsicherheit und Unfähigkeit, zu entscheiden, steht ihm gleich zweimal in Form der Schwebebahn vor Augen. „Der letzte Sargnagel“ (oben links in Abb. 1) ist Herrn G.s resignierter Kommentar zu einer aktuellen Situation bei der Arbeit; in einer benachbarten Skizze wendet eine Figur sich wütend davon ab (Grrr). Von der Wut deutet ein Doppelpfeil auf das metaphorische „Eigenständige Ich“, das – autark und selbstgesteuert – auf einem Segelschiff über das Meer schippert. Zentral in dieser Skizzensammlung ist eine Art innere „Resonanzschleife“, ein bislang unbewusster Verlauf mit Richtungspfeilen, der symbolisch als Entwicklungsgeschichte gelesen werden kann: von der Erkenntnis, kein Vorgesetzter zu sein (≠ Boss), über Unentschiedenheit und Wut bis hin zum Skipper auf See, unterwegs in eine selbstbestimmte Zukunft. Den Weg vom Ziel befreien und (wieder) handlungsfähig werden Eigenhändig gezeichnete Bilder aktivieren den Souffleur im Orchestergraben des Bewusstseins. Unbewusste Anteile fließen aus der Hand, sprechen die Sprache der Phänomene, Zeichen und Symbole. Innere Bilder vom Kopf aufs Papier zu bringen und unvoreingenommen zu betrachten, schult die sinnliche Wahrnehmung mit besonderem Augenmerk auf die Verhältnismäßigkeit der Dinge. Wer sein eigenes (Augen-)Maß übt und sich mit den gewonnenen Erkenntnissen auf einen fortwährenden persönlichen Transformationsprozess einlässt, hat beste Chancen, in jeder Lebenslage das richtige Maß zu finden und angemessene Entscheidungen zu treffen. Trotz der anfangs formulierten allgemeinen Zielvorstellung für das Coaching muss ein Coaching-Prozess zunächst ergebnisoffen bleiben, solange die wahren inneren Anreize dafür noch im Verborgenen liegen, denn der Wunsch, z.B. dem eigenen Selbst(wert)konzept zu entsprechen oder sozialem Druck genügen zu wollen, kann ausschlaggebend für das Festhalten an falschen Zielen oder Fehlentscheidungen sein, wie das Beispiel von Herrn G. zeigt. Es ist eines der Hauptmerkmale in allen Phasen von Bildprozessen, dass Bilder akute Missverhältnisse preisgeben und den Zeichnern eine stimmigere Ordnung nahelegen. Mithilfe der Bilder findet man zu sich, Blockaden lösen sich auf, und die Selbstsabotage hat ein Ende. Mehr… Über die Autorin… Mertens Sabine: Wie Zeichnen im Coaching neue Perspektiven eröffnet, Beltz 2014 Mertens Sabine: Zeichnen im Coaching, 60 Impulskarten mit konkreten Handlungsanleitungen Beltz 2018 Mertens Sabine: „Mal-Zeit!“ Coaching als kunsttherapeutisches Praxisfeld, in Kunst & Therapie, Winterheft 2018, S. 39-51) Schüßler, Ingeborg: Reflexives Lernen in der Erwachsenenbildung - zwischen Irritation und Kohärenz Simon, Fritz B.: Meine Psychose, mein Fahrrad und ich Sloterdijk, Peter: SWR Sternstunde Roland Fischer: in Kraft, Hartmut, Grenzgänger zwischen Kunst und Psychiatrie Yuval Noah Harari and Fei-Fei Li on AI – Towards Data Science, „The oldest advice in all the books in philosophies is know yourself. We’ve heard it from Socrates, from Confucius, from Buddha: get to know yourself. But there is a difference, which is that now you have competition…You’re competing against these giant corporations and governments. If they get to know you better than you know yourself, the game is over.” (Yuval Noah Harari)  
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Bildnerische Methoden (7): Malen und zeichnen im Coaching – warum es funktioniert

Bildnerische Methoden (7): Malen und zeichnen im Coaching – warum es funktioniert

Bildnerische Methoden (7) Das Lebenspanorama – biographische Muster auf einen Blick Sabine Mertens Wir glauben primär, was wir sehen. In der Hierarchie der Sinne ordnen sich alle anderen Sinne dem Sehsinn nach. Weicht zum Beispiel der körpersprachliche Ausdruck von der Botschaft des gesprochenen Wortes ab, so gibt die visuelle Wahrnehmung dieser Inkongruenz den Ausschlag bei der Einschätzung und Beurteilung einer Situation. Die Fähigkeit zur Wahrnehmung solcher Abweichungen gehört zur evolutionsbiologisch verankerten Grundausstattung des Menschen, ebenso wie die Fähigkeit zur Übertragung in ästhetische Ausdrucksformen. „Im Verschmieren von zähflüssigem (pastösem) Material, wie etwa Brei oder Spucke, liegen die Ursprünge des Malens und Zeichnens.“1 Kinder durchlaufen gut unterscheidbare Phasen der Selbst- und Welterkundung. Nach dem Schmieren kommt die Kritzelphase, und aus den Kritzelkreisen werden Gegenstände und Objekte des Alltags wie Teller, Autoreifen, Sonne oder Mond. Die markanten Stadien der Malentwicklung verlaufen weltweit bei allen Kindern gleich. Wenn wir also im Coaching unsere Klienten eigenhändig malen und zeichnen lassen, knüpfen wir an diesen universellen frühen Schatz menschlicher Ausdrucksweisen an. Dabei geht es nie um das Endprodukt im Sinne eines Kunstwerkes, oder um ästhetische Kriterien wie Schönheit oder Gefälligkeit. Handlungsfähig werden Im Coaching lesen wir die Bildgestaltungen als Ausdruck physischer, neuronaler und emotionaler Prozesse, die einander wechselseitig bedingen und gleichsam unsere Bewusstseinsaktivitäten und Handlungsweisen beeinflussen. Auf diese Art können wir mithilfe von Bildprozessen z.B. Entscheidungen befördern oder auch abgewehrte Ich-Anteile integrieren. Untaugliche Verhaltensweisen der Vergangenheit lassen sich in der Hinsicht verändern, dass wir eine Nachentwicklung anstoßen, indem wir ihre Repräsentanzen – bewusst oder unbewusst ins Bild gesetzte Elemente – neu ordnen und bewerten, und neue Verhaltensweisen ausprobieren. So befreit vom engen Korsett negativer Überzeugungen, abgespeicherter Klischees und Stereotypisierungen erneuern sich die Maler von selbst und erobern neue Handlungsspielräume. Abgewehrter Ich-Zustand: Nebel Abb. 1: Resonanzbild: »Ich im Nebel« (männlich, 32 Jahre, selbstständig) Das Resonanzbild »Ich im Nebel« ist die Darstellung eines emotionalen Zustands, der mit störenden körperlichen Symptomen wie Abgeschlagenheit/Lethargie einhergeht. Der Zeichner steht unter erheblichem Druck, leidet darunter, dass er „immer leisten und funktionieren“ muss, wobei die gewünschten Erfolge, z.B. in Form von größerer finanzieller Sicherheit, ausbleiben. Er hat sich ins Zentrum des Bildraums gemalt, in Nebel gehüllt, auf einem Hügel stehend. Eigentlich hätte er von da oben einen guten Überblick, aber der Nebel verstellt ihm die Sicht. Das fühlt sich beängstigend, ja lähmend für ihn an. In diesem Zustand erscheint ihm die Zukunft „schleierhaft“. Bei der Bildbetrachtung fällt ihm auf, dass der Nebel die Figur so eng umhüllt, als gehörten die beiden zusammen. Selbsterkenntnis: Der Nebel ist kein externes Wetterphänomen! Er selbst ist Nebelmacher und Nebel zugleich, letzterer ist (wie in der evolutionsbiologischen Theorie von Junker2 beschrieben) „erweitertes Ich“. Ein weiteres Bild konkretisiert nun das ihm schon lange bekannte, bislang aber unbestimmt gebliebene (weil verleugnete) Gefühl. Abb. 2: Resonanzbild: »Standing on the edge« (männlich, 32 Jahre, selbstständig) Lebensmuster umstrukturieren Das Nebelgefühl verschleiert immer wieder tieferliegende Gefühle von Hilflosigkeit, Trauer und Einsamkeit in Übergangszeiten und Phasen von Unsicherheit beziehungsweise mangelnder Stabilität im Leben des Zeichners. Im Nebel steckengeblieben, spürt er lediglich seine geringe Stresstoleranz in solchen Lebensphasen. Nachdem er nun nicht mehr versucht, dem Nebel auszuweichen, sondern sich ihm stellt, konkretisiert sich sein Zustand im Bild „Standing on the edge“. Hier zeigen sich auch taugliche Aspekte der schwierigen Übergangsphasen, wie z.B. körperliche Beweglichkeit, Bewegungsrichtungen, und als Symbol der Zuversicht die Sonne im oberen rechten Quadranten. „Auf der Kante“ fühlt er sich zwar angeschlagen und unsicher, ist aber handlungsfähig und unterwegs. Das Sonnensymbol verweist auf eine Zukunft, in der das jetzige Problem überwunden sein wird. Erkenntnis: eigenhändig gemalte Bilder weisen über sich selbst hinaus, sie halten Entwicklungsprozesse innerhalb von Kontexten fest. Beide – Menschen und ihre Bilder sowie die Kontexte – sind von Natur aus dynamisch und bieten Möglichkeiten für regressive oder progressive Veränderungen. Aus dem Chaos persönlicher Details kristallisiert sich anhand der Bilder die eigene Stellung innerhalb der systemischen Ordnung sozialer Beziehungssysteme heraus. Abgewehrter Ich-Zustand: Lustlosigkeit Bei der Aktivierung von Erinnerungen und Verhaltensressourcen spielen Bilder als senso-motorischer Speicher eine Hauptrolle. Falls ein Thema sich durch Nicht-erinnern-Können oder einfach Lustlosigkeit dem Ausdruck entzieht, fordere ich meine Klienten auf, nicht zu lange nachzudenken, sondern einfach die Hand Spuren auf dem Papier machen zu lassen. Dabei kommt dann zum Beispiel ein abstraktes Kritzelbild heraus, wie die folgende Abbildung zeigt. Abb. 3: Resonanzbild zu einem unbestimmten Gefühl: »Ent-Schlussstrich« (Frau R) Die Zeichnerin hatte mit dem Stift auf Papier zunächst langsam und ein wenig lustlos eine mäandernde Suchbewegung in Form einer durchgehenden Linie vollzogen. Während ich diesen kurzen Zeichenvorgang beobachte, nehme ich einen plötzlichen Tempo-, gleich darauf einen energischen Richtungswechsel wahr. Ohne den Stift abzusetzen, hatte die Zeichnerin spontan den Entschluss gefasst, ihre Suchbewegung zu beenden, um eine letzte kraft- und schwungvolle horizontale Linie zu machen. „Einen Schlussstrich ziehen“, kommt mir in den Sinn, und beim Besprechen des Bildes stellt sich heraus, dass die Zeichnerin unbewusst genau das gesucht und im Moment des Wechsels gefunden hatte. So wurde der Entschlussstrich zum „Schlussstrich“. Die Zeichnerin wird sich nicht länger der Tyrannei ihrer Antriebslosigkeit unterwerfen, sondern selbst Verantwortung für ihre Stimmungen übernehmen. Bilder bewusst verwenden Wir nehmen nicht nur unentwegt visuelle Reize wahr, sondern bringen auch unablässig selbst Bilder hervor. Wir denken, planen, lernen und sprechen in Bildern. Eigenhändig gemalte Bilder verbinden die Zeichner wie kein anderes Medium mit Licht und Schatten ihrer wiederkehrenden Lebensthemen und ureigenen Geschichten. Wenn wir im Coaching unsere Klienten dazu ermutigen, diese flüchtigen Bilder zu Papier zu bringen, erhalten die Dinge des Lebens eine ganz individuelle Gestalt und ein Prozess kohärenten Denkens kommt in Gang, der den Malern ermöglicht, sich selbst innerhalb eines dynamischen Systems sozialer Beziehungen als kontinuierlich wachsend wahrzunehmen. Derlei ästhetische Selbstpraktiken fördern Selbstreflexion, Affektregulierung und Selbstwirksamkeit. Literaturempfehlung Sabine Mertens, Wie Zeichnen im Coaching neue Perspektiven eröffnet, Beltz 2014 Die Autorin: Sabine Mertens ist Kunsttherapeutin und Psychotherapeutin HPG in eigener Praxis in Hamburg. Ihr Schwerpunkt in Diagnostik, Coaching, Training und Supervision ist die systemische Bearbeitung von Klientenzeichnungen. Ihre Leidenschaft ist emotionales Selbstmanagement und die VerFührung ihrer Mitmenschen zur Selbstführung. Kontakt: IP Institut für PersonalentwicklungBeratung Coaching Insights MDI®Sabine MertensBehringstr. 28a / Haus 3, D-22765 HamburgTel. 040-39834-154sabinemertens@t-online.dewww.sabinemertens.com 
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Bildnerische Methoden (6): Das Lebenspanorama – biographische Muster auf einen Blick

Bildnerische Methoden (6): Das Lebenspanorama – biographische Muster auf einen Blick

Bildnerische Methoden (6) Das Lebenspanorama – biographische Muster auf einen Blick Sabine Mertens Bei dieser Bildaufgabe wird der Maler aufgefordert, sein gesamtes Leben in den Blick zu nehmen und eine analoge Darstellung dafür aufs Papier zu bringen. Die in einem solchen Bild erkennbaren Schemata entsprechen seinen Lebenserfahrungen und Bewältigungsmustern. Das Lebenspanorama ist eine bildnerische Darstellung sowohl expliziter als auch impliziter Gedächtnisinhalte. Bei der Betrachtung achten wir besonders auf charakteristische Grundmuster, Zeichen für den Lebensfluss (Ressourcen) und Hindernisse (Blockaden). Ein Lebenspanorama zu malen dauert nur einige Minuten. Das Bild beinhaltet aber die Muster eines ganzen Lebens: verdichtet, zusammengerückt auf einem Blatt Papier. Beim Malen konvergieren reale Zeit und psychische, erlebte „Eigenzeit“. Bei der Arbeit mit dem Lebenspanorama nehmen wir Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft gleichzeitig in den Blick; Rückblick und Vorausschau liegen nah beieinander. Das Auf und Ab im Kopf Die Zeichnerin von Abb. 1 hat eine Landschaft als Analogie gewählt. Sie hat ihr Leben als steil ansteigendes, schroffes Gebirge mit vielen spitz zulaufenden, durch kräftigen Farbauftrag betonten Gipfeln und Klammen gezeichnet. (Sie markieren einschneidende, als schmerzlich empfundene Erlebnisse). Als Grundmuster fallen die vielen Kontraste ins Auge: das steile Auf und Ab der gezackten Linien, Spitzen gegenüber Wellen, Senkrechte versus Horizontalen, sowie die Anordnung der Bildelemente ausschließlich im oberen Teil des Bildraums. Abb. 1, Lebenspanorama, w, 43 Jahre, angestellt Fülle im oberen, Leere im unteren Bildraum beobachte ich oft bei Menschen, die sehr »im Kopf« sind, nur schwer Zugang zu ihren Gefühlen finden oder sogar von ihnen wie abgeschnitten sind. Ein Leben auf schwankendem Grund Der Maler von Abb. 2 hat ebenfalls eine Landschaft als Analogie gewählt. In diesem Bild treten völlig andere Lebensmuster zutage: Der Maler ist mit einem Schiff auf dem Meer unterwegs, ein unentwegt schwankender Grund, auf dem er sich zwar fortbewegen, aber keinen festen Standpunkt einnehmen kann. Sein Schiff ist vom Wasser überspült. Das Element Wasser füllt etwa die gesamte untere Bildhälfte – Symbol für die Welt der Gefühle, ungreifbar und wechselhaft wie die Gemütszustände des Malers, die in jeder Coachingstunde eine Hauptrolle spielen. Die schwarze (Regen-)Wolke gehört ebenfalls zum Element Wasser. Wolke und Sonne bilden – sowohl symbolisch als auch farblich – ein Gegensatzpaar, das einen zentralen Konflikt abbildet: Das tägliche Ringen des Malers darum, seine überwältigenden Gefühle in den Griff zu bekommen und zwischen Tag und Nacht die Balance zu halten, ohne sich tagsüber in Überanpassung oder nachts in Depression zu verlieren. Abb. 2, Lebenspanorama, m, 45 Jahre, angestellt Die Ich-Position liegt nach eigenen Angaben auf dem Schiff, hier das stellvertretende Ich-Symbol. Der Maler ist auf hoher See inmitten der Elemente unterwegs und steuert mit dem „himmlischen Kind“ in die Zukunft, raumsymbolisch nach rechts. Das Ich-Symbol ist gleichsam als kraftvolle Ressource anzusehen: ein Fahrzeug, mit dem der Maler autonom sein und sich die ganze Welt erschließen kann, das aber auch Raum für Gefährten bietet. Dieses Fahrzeug (wie auch der Maler) fügt sich der „höheren Instanz“, um eine perfekte dynamische Ordnung zwischen Autonomie und Verbundenheit zu finden. Steiler Anstieg – hohe Leistungsanforderung Die Zeichnerin von Abb. 3 hat ihr Leben als steil aufsteigende Linie gezeichnet, die das Blatt diagonal in zwei rechtwinklige Dreiecke und damit in »links oben« und »rechts unten« unterteilt. Von der Linie zweigen sich beidseitig einzelne Ereignisse und Lebensphasen ab. Als Grundmuster erkennen wir den gleichmäßigen steilen Anstieg sowie das beidseitige Sprießen kleiner, mit verschiedenen Zeichen versehenen Linien. Trotz der vielfältigen „Abstecher“ ist die Zeichnerin immer wieder auf die Hauptrichtung ihres Lebens zurückgekommen, die progressive Dynamik nach rechts oben. Der steile Anstieg der Linie repräsentiert allerdings auch einen hohen Leistungsanspruch der Zeichnerin an sich selbst, der ihr im Leben schwer zu schaffen gemacht hat: ihre kontinuierliche übermäßige Anstrengung, den familiären Erwartungen an sie zu entsprechen sowie gesellschaftlich aufzusteigen. Sie empfindet ihr Leben als »vorgezeichnet«, fühlt sich besonders gegenüber der Familie extrem verpflichtet. Am Ende des Coachingprozesses werte ich es als Fortschritt, dass sie nicht auf der „Lebenslinie“ mit den vorgezeichneten Abschnitten und dem steilen Anstieg nach oben rechts weiter geht, sondern ihre Ich-Position auf der jüngsten Abzweigung platziert hat, wo es leicht bergab geht — welche Entlastung! (siehe „Letzte Ausfahrt eigenes Leben“, Mertens, 2014, S. 93) Abb. 3, Lebenspanroama, w, 49 Jahre, angestellt Lebensmuster umstrukturieren Das Lebenspanorama umspannt in einem einzigen Bild einen ganzen Werdegang. Es lässt (vergessene) Ressourcen, aber auch blockierende Ereignisse besonders hervortreten, die hemmend auf die Entwicklung gewirkt oder gar den Fluss des Lebens ganz zum Stocken gebracht haben. Zugleich offenbart es die Ereignis- und Bewältigungsmuster der Maler. Aus der „Metaperspektive“ kann, vorübergehend losgelöst, das einengende Gewebe des Lebens ins Auge gefasst werden. Indem wir im Coaching das gesamte Bild mit den verwendeten Analogien, Symbolen, der persönlichen Zeichensprache der Maler zunächst neutral beschreiben, erschließen sich die „Skripts“, Glaubenssätze und persönlichen Bedeutungen wie von selbst, verfestigte Konstrukte von Kausalität und Kontinuität werden aufgehoben. Durch die gleichzeitige Präsenz von räumlich, zeitlich und sachlich weit auseinander liegenden Szenen innerhalb des vergleichsweise kleinen Bildraums erkennen die Maler wiederkehrende Muster. Im Verlauf des Coachingprozesses findet eine umfassende Neubewertung und Umstrukturierung statt. Die Vergangenheit kann aus dem Klammergriff von abgespeicherten Klischees und Stereotypisierungen befreit und in neuem Licht betrachtet werden. Das Erkennen und Neuordnen geschieht nie beliebig, sondern auf der Grundlage überpersönlicher Struktur- und Ordnungsprinzipien (z.B. Gestaltgesetze). Durch die Neubewertung wird eine psychische Umstrukturierung, ein neues „Eigenzeitalter“ möglich, in dem der persönliche Erfahrungsschatz sich als verlässliche Ressource und Zukunft als gestaltbar erweist. Literatur Sabine Mertens, Wie Zeichnen im Coaching neue Perspektiven eröffnet, Beltz 2014 Gisela Schmeer, Krisen auf dem Lebensweg, Klett-Cotta, 1994 Gisela Schmeer, Das Ich im Bild, Klett-Cotta, 1998 Eric Berne, Was sagen Sie, nachdem Sie „Guten Tag“ gesagt haben?, Fischer, 1983 Die Autorin: Sabine Mertens ist Kunsttherapeutin und Psychotherapeutin HPG in eigener Praxis in Hamburg. Ihr Schwerpunkt in Diagnostik, Coaching, Training und Supervision ist die systemische Bearbeitung von Klientenzeichnungen. Ihre Leidenschaft ist emotionales Selbstmanagement und die VerFührung ihrer Mitmenschen zur Selbstführung. Kontakt: IP Institut für PersonalentwicklungBeratung Coaching Insights MDI®Sabine MertensBehringstr. 28a / Haus 3, D-22765 HamburgTel. 040-39834-154sabinemertens@t-online.dewww.sabinemertens.com 
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Bildnerische Methoden (5): Die eigene Zeichen- Sprache entschlüsseln

Bildnerische Methoden (5): Die eigene Zeichen- Sprache entschlüsseln

Bildnerische Methoden (5) Die eigene Zeichen- Sprache entschlüsseln Sabine Mertens Täglich verwenden wir viel Zeit mit vermeintlichen Äußerlichkeiten, oftmals routinemäßig halbbewusst oder ganz unterhalb der Bewusstseinsschwelle. Gern zeigen wir uns von der besten Seite, wollen kein „schwaches oder schiefes Bild“ abgeben. Schon allein in Körperpflege, Kleidung und Körperschmuck drückt sich unser Alltagsbildbewusstsein mitsamt unseren persönlichen Überzeugungen, Lebensentwürfen und Mustern aus. Umso mehr in eigenhändig angefertigten Bildern. Darin treten vielfältige Aspekte unseres Selbstbildes und Lebensplans zutage, die uns zum Erfolg verhelfen können, wenn wir sie nur zu nutzen wissen. Alle o.g. Praktiken regulieren Selbstausdruck und sozialen Umgang. Sie sind – zusammen mit der Körpersprache – höchst verhaltenswirksam. Sofern sie bewusst angewendet werden, können sie helfen, sich im eigenen Inneren zurechtzufinden, sich täglich selbst neu zu erschaffen und den eigenen Lebensentwurf umzusetzen. Wir können unser Leben jederzeit ändern, hinderliche Normen überschreiten und uns selbst Gestalt geben, ohne Vorbilder zu kopieren. Allein unser tatsächliches Spiegelbild ist von großer Bedeutung für unser Wohlbehagen. Es dient nicht nur der alltäglichen Überprüfung und Korrektur unserer Erscheinung, sondern auch der (moralischen) Selbstvergewisserung. Ebenso können eigenhändig gezeichnete Bilder dabei helfen. Beide offenbaren unsere hart gesottenen „Muster“ zusammen mit der aktuellen Befindlichkeit. Der Spiegel – Symbol der Selbsterkenntnis Wer sich wohl fühlt in seinem Körper, wer sich gut leiden kann und grundsätzlich im Einklang ist mit sich selbst, dem gefällt auch das eigene Spiegelbild. Die positive innere Resonanz auf unser eigenes Spiegelbild ist ebenso wichtig für ein gutes Körpergefühl wie für unsere Fähigkeit, Alltagsstress auszuhalten, außergewöhnliche Belastungen zu überstehen oder gar nach einer Niederlage würdevoll wieder aufzustehen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass „Frühmorgens noch in den Spiegel schauen zu können“ ein häufig geäußerter Wunsch in Coaching, Beratung und Training ist. Er entspringt einem menschlichen Grundbedürfnis und ist von existentieller Bedeutung! Abb. 1 Selbstbild im Spiegel, m, 42 Jahre Der Zeichner von Abb.1 ist ein erfolgsgewohnter Mann mittleren Alters mit festen Überzeugungen und extrem hohem Anspruch an sich selbst. Seine Erfolgssträhne hat durch eine Kündigung ein jähes Ende gefunden, sodass er sich beruflich nochmal umorientieren muss. Seine festen Prinzipien und hohen Ansprüche sind ins Wanken geraten, sein Selbstbild ist erschüttert. Er ist ver-Zweifel-t. Das Satzzeichen über dem Spiegel verortet seine Zweifel im Bild, und es stellt die Übereinstimmung von Person und Spiegelbild in Frage; der Zeichner fragt sich, ob er sich „noch im Spiegel ansehen“ könne, falls er seine bisherigen (hohen) Leistungsansprüche nicht aufrecht erhalten kann. Zeichnungen sind Lebensspuren Die gezeichneten Linien sind nicht nur direkter Ausdruck einer Bewegung der Hand, sondern gleichzeitig „Emogramme“ (grafischer Ausdruck von Gefühlen und ihren verschiedenen Qualitäten), denn in jeder Bewegung steckt etwas von unserer Kenntnis der Dinge. Zeichnungen sind sichtbare Erinnerungen, eine individuelle Resultante all dessen, was wir je bezüglich der dargestellten Dinge erfahren und gelernt haben. Manche Zeichner mögen ihre Bilder nicht oder lehnen sie sogar ab. Sie schauen dann ihr Bild an wie ihr eigenes Spiegelbild, dem sie am liebsten die Zunge herausstrecken würden, wie die Zeichnerin von Abb. 2. (Spontan gezeichnete Bilder funktionieren wie ein Spiegel, auch wenn sie das Spiegelsymbol selbst nicht enthalten). Abb. 2 Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust!, w, 43 Jahre   Abgelehnte Selbstanteile integrieren „Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust!“ ist eine klassische Bildaufgabe, die ich gerne vorschlage, wenn Konflikte bearbeitet werden sollen. Die Zeichnerin hat einen „guten“ Ich-Anteil in der linken Bildhälfte eher abstrakt dargestellt, den „bösen“ rechts außen, konkreter, in Form des „Teufels“. Sie sagt über die beiden Anteile: „Die wissen voneinander, begegnen sich aber nie.“ In der Besprechung wird deutlich, dass der „Teufel“ einen von ihr sehr stark abgelehnten Anteil repräsentiert, nämlich Gefühle von (unterdrückter) Wut und Aggressivität. Bei näherer Betrachtung und Analyse der Zeichen- und Farbsprache stellen wir allerdings fest, dass die beiden Anteile sich doch nicht so fremd sind, wie die Zeichnerin zunächst dachte: Die senkrechte Linie in der Mitte des Bildes, welche ihr Getrenntsein markieren soll, weist eine Öffnung auf. Die Farben der linken Seite streben im Sinne einer Zukunftsdynamik nach rechts, und Blau sowie Rot (positiv besetzte, kraftvolle Gefühlsressourcen der Zeichnerin) erscheinen auf beiden Seiten des Bildes. Der negativ bewertete Teufel zeigt auch hochgradig vitale Anteile, die ebenso gut dem „guten“ Ich-Anteil dienlich sein könnten. Die Zeichnerin kann nun beide Anteile als gleichberechtigt und zu sich gehörig wahrnehmen, und so vermittelt das Bild ihr nicht nur ein realistischeres Selbstbild als das bisherige Schwarzweißdenken; es zeigt auch ihr emotionales Potential. Wie innen, so außen – Bilder machen Leute Es lohnt sich immer, Bildteile resp. Ich-Anteile sprechen zu lassen und ihre Appelle ernst zu nehmen. Der Zeichner von Abb. 3 ist nach der erzwungenen beruflichen Umorientierung auf der Suche nach einem neuen Job. Im Hinblick darauf befragt, betont das Bauchgefühl ausdrücklich, dass er im neuen Umfeld auch atmosphärische Details beachten solle; er solle zukünftig bei der Arbeit nicht nur etwas leisten, sondern sich auch von Herzen wohlfühlen können. Abb. 3 Bauchgefühl, m, 42 Jahre Derlei Zeichnungen machen die momentane innerpsychische Verfasstheit ihrer Urheber sichtbar. Durch den zeitweiligen Fokus auf das Ich und seine widerstreitenden Anteile können vermeintlich negative Aspekte nutzbar gemacht und positive gestärkt werden. Derlei Symbolisierungsprozesse fördern nachhaltig positive Veränderungen der Persönlichkeit – durch Aktualisierung, etwaige Umstrukturierung und Nachentwicklung. So werden im Coaching mit Bildern gleichsam die Schlüsselfaktoren erfolgreicher Coaching-Prozesse umgesetzt: Vertiefung des Selbstvertrauens und Erweiterung des Handlungsspielraums.  Literaturtipps Wie Zeichnen im Coaching neue Perspektiven eröffnet, Sabine Mertens, Beltz 2014 Die Autorin: Sabine Mertens ist Kunsttherapeutin und Psychotherapeutin HPG in eigener Praxis in Hamburg. Ihr Schwerpunkt in Diagnostik, Coaching, Training und Supervision ist die systemische Bearbeitung von Klientenzeichnungen. Ihre Leidenschaft ist emotionales Selbstmanagement und die VerFührung ihrer Mitmenschen zur Selbstführung. Kontakt: IP Institut für PersonalentwicklungBeratung Coaching Insights MDI®Sabine MertensBehringstr. 28a / Haus 3, D-22765 HamburgTel. 040-39834-154sabinemertens@t-online.dewww.sabinemertens.com 
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Bildnerische Methoden (4): Das Körperbild im Coaching

Bildnerische Methoden (4): Das Körperbild im Coaching

Bildnerische Methoden (4) Das Körperbild im Coaching Sabine Mertens Der überwiegende Teil unserer Gehirnaktivitäten läuft unbewusst ab. Dabei werden ohne Unterlass körperliche, emotionale und psychische Prozesse reguliert. Körper, Geist und Seele sind untrennbar miteinander verwoben. Deshalb kommt dem Körperbild in meinen Coachingprozessen eine besondere Bedeutung zu, denn die vielgestaltigen Vorgänge zwischen Psyche und Soma werden als Muster im Körperschema sichtbar. Diese Muster zu entschlüsseln kann helfen, erhöhtes Stresserleben, Konflikte und Blockaden aufzulösen und brachliegende Kraftquellen bzw. Potentiale wieder zu erschließen. Unser Körper schickt ständig Botschaften an das Gehirn. Die meisten bleiben unbewusst, aber durch unsere Empfindungen können derlei Signale auch bewusst werden. Körperliches Befinden, Empfindungen und Emotionen beeinflussen sich gegenseitig. Angenehme Empfindungen befördern unser Wohlbefinden und inneres Gleichgewicht, während unangenehme Sinneseindrücke unsere Gelassenheit hochgradig stören können. Unbewältigte negative Affekte oder traumatische Erfahrungen können sich im Körper manifestieren, z.B. als Schmerz. Diese Zusammenhänge helfen mir im Coaching, brachliegende Ressourcen zu finden und schmerzhafte Erfahrungen zu integrieren. Somatische Marker und emotionale Selbstregulation In Abb. 1 markieren die farbigen Schraffuren zwei langjährige psychosomatische Konstellationen des Zeichners. Abb. 1: Körperwahrnehmung, m, 42 Jahre Er hat in Form von Schwingkritzeln unangenehme Körperwahrnehmungen zu Papier gebracht, die zu empfinden bei ihm Stress auslöst, verbunden mit diffusen Ängsten: Er kann sich „auf nichts konzentrieren“ und hat „Angst“, sich „aufs Ohr zu legen“. Der horizontale rote Kritzel repräsentiert einen Rückenschmerz, der vertikale kennzeichnet seine Taubheit auf dem rechten Ohr. Einmal ins Bild gesetzt, kann der Zeichner nun einen distanzierten Blick auf seine eigene psychosomatische Verfasstheit werfen. Zunächst kann er zwischen den körperlichen Ursachen der Schmerzen (Sportunfall, Ohrentzündung) und den sie begleitenden Gefühlen bzw. erstarrten emotionalen Deutungen differenzieren. In der folgenden Selbstreflexion kann er die Reize neu interpretieren und ungewohnte Schlüsse ziehen. Sich „aufs Ohr zu legen“ muss er nicht mehr ängstlich meiden. Er kann es jetzt nutzen, um nach innen zu horchen und sich regelmäßig die dringend benötigte Tiefenentspannung zu gönnen. Der Körper als Wohlfühl-Ressource Der Körper speichert glücklicherweise nicht nur traumatische, sondern auch lustvolle frühe Grundmotive, und so lassen sich die Wohlfühlressourcen des Körpers wieder erschließen, indem wir sie sichtbar machen. Abb. 2 ist ein Resonanzbild zu „einem guten inneren Zustand“ nach einer längeren Phase depressiver Verstimmtheit. Dynamisches Potential im Körperbild Das Bild zeigt eine Faust mit dem Daumen nach oben. Mit diesem körpersprachlichen Signal spricht die Zeichnerin sich selbst Mut zu und signalisiert ihrer Umwelt gleichsam, dass mit ihr wieder zu rechnen ist. Um sie in den vollen Genuss der geballten Kraft zu bringen, die im aufgerichteten Daumen steckt, schlage ich ihr vor, die Hand auf einer Papierrolle weiter zu malen. Abb. 2: Guter innerer Zustand, w, 38 Jahre Nach einem kurzen Einfühlen in die positive Energie des Daumens kommt nun der gesamte Körper zum Vorschein und die Zeichnerin entdeckt ein verschüttetes positives Grundmotiv wieder: Bewegung! Auf der körperlichen Ebene kann ich während des Malvorgangs beobachten, wie Kreislauf, Atmung und Muskelspannung der Malerin in Gang kommen. Die psychische Wirkung ist ebenfalls deutlich spürbar; die Zeichnerin ist hochmotiviert bei der Sache.  Abb. 3: Das ganze Bild signalisiert Bewegung, w, 38 Jahre Sowohl der Malvorgang als auch das Betrachten des Ergebnisses steigern ihre wiedergewonnene Lebensfreude noch. Sie fühlt sich bereichert, erweitert. Erstaunt ist sie dennoch, als ihr die so lange schmerzlich vermisste Lebensenergie nun so deutlich und beinahe lebensgroß vor Augen steht. Der Malvorgang hat eine positive Referenzerfahrung mit den dazugehörigen affirmativen Gefühlen aktiviert. Das Körperbild ermöglicht ihr nun, an die verschüttete Ressource (Freude an Bewegung) anzuknüpfen. Die neue affektive Grundgestimmtheit wirkt sich wiederum positiv auf ihr Denken und Verhalten aus. Emotionen treiben Erkenntnisse voran, Erkenntnisse strukturieren Emotionen. Mit unseren Körpern erzeugen und speichern wir fortwährend erfahrungsbasierte Fühl-, Denk- und Verhaltensprogramme, deren Muster und Zusammenhänge in Körperbildern besonders deutlich zutage treten. Die Bearbeitung solcher Bilder befreit selbst langfristig gebundene emotionale Energie und stellt sie wieder für die Alltagsbewältigung zur Verfügung. Emotionen sind eine „Wechselwährung“ von Bildern. Es ist von Vorteil für unser Denken und Handeln, in dieser Währung „flüssig“ zu sein. Literaturtipps Wie Zeichnen im Coaching neue Perspektiven eröffnet, Sabine Mertens, Beltz 2014 Topographie des Unbewussten, Stanislav Grof, Klett-Cotta, 2015 Der Spinozaeffekt: Wie Gefühle unser Leben bestimmen, Antonio R. Damasio, List, 2005 Affektlogik, Luc Ciompi, 1998 Die Autorin: Sabine Mertens ist Kunsttherapeutin und Psychotherapeutin HPG in eigener Praxis in Hamburg. Ihr Schwerpunkt in Diagnostik, Coaching, Training und Supervision ist die systemische Bearbeitung von Klientenzeichnungen. Ihre Leidenschaft ist emotionales Selbstmanagement und die VerFührung ihrer Mitmenschen zur Selbstführung. Kontakt: IP Institut für PersonalentwicklungBeratung Coaching Insights MDI®Sabine MertensBehringstr. 28a / Haus 3, D-22765 HamburgTel. 040-39834-154sabinemertens@t-online.dewww.sabinemertens.com 
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Bildnerische Methoden (3): Emotionen in  Organisationen

Bildnerische Methoden (3): Emotionen in Organisationen

Bildnerische Methoden (3) Emotionen in Organisationen Sabine Mertens Der wirtschaftliche Schaden durch Stresserkrankungen und krankheitsbedingte Abwesenheit vom Arbeitsplatz geht in die Milliarden. Derartige Leiden schränken nicht nur das individuelle Leistungsvermögen der Betroffenen drastisch ein, sondern auch die Lebensqualität innerhalb der jeweiligen Lebensumwelten. Spontan gemalte Bilder machen persönliche Stressmuster im Wechselspiel mit umweltbedingten Stressfaktoren sichtbar. Sie taugen ebenso zur Akutbehandlung wie als Gesundheitsschutz und Prävention. Die eigenen Emotionen und Gefühle zu kennen kann sowohl im Umgang mit anderen als auch bei der Selbstorganisation helfen. Wir brauchen unsere im Lauf der Evolution hoch entwickelten Gefühle, um uns zu schützen, aber auch, um Bindungen einzugehen: „Gefühle, das sind die großen Kuppler, sie führen – nicht nur sexuell – zu Kooperation und Kommunikation“(1). Und so könnte die schwer greifbare, nicht rationale Seite von Interaktionen und Organisationsprozessen leichter zu organisieren sein, wennMenschen sich über den „subjektiven Ursprung von Organisationsrealitäten“(2) und das tatsächliche Ausmaß ihrer eigenen Gestaltungskraft (bzw. deren Einschränkungen) im Klaren wären. Verbale Stressmuster Im Coaching höre ich zahlreiche Berichte von mangelnder gegenseitiger Wertschätzung, von Verletzungen und Kränkungen, die Menschen aus ihren Überlebenskämpfen innerhalb von Organisationsstrukturen davontragen. Dort rangiert Rationalität immer noch höher als Intuition und Emotion, dominieren immer noch Kennzahlen die Entscheidungsprozesse und Handlungsstrategien. Verbreitet ist auch eine kriegerische, entpersönlichte Rhetorik: Unternehmen „rüsten“ sich für den „Krieg um Talente“, „wappnen“ sich für den erbarmungslosen „Kampf um Marktanteile“ und hoffen, dass durch ausgeklügelte „Schlachtpläne“ nach erfolgtem „Feldzug“ die „Verluste“ möglichst gering ausfallen... Dabei erschaffen wir Menschen unsere Umwelten von Moment zu Moment selbst, indem wir sie handelnd gestalten! Atmosphären in Organisationen Es gibt trennende und verbindende Gefühle. Wie oft ermöglichen Organisationen ihren Akteuren, ein verbindendes Gefühl wie Freude zu erleben? Wie oft hingegen eskalieren Stress und Überreizung, werden Akteure überfordert und reagieren mit kontraproduktivem, abwehrendem Verhalten oder mit entmutigenden Gefühlen wie Missgunst, Neid, Ärger und Wut, bis hin zu innerer Kündigung? Die erwähnte Kriegsmetaphorik vergiftet das Arbeitsklima und sie unterminiert – oft verstärkt durch fehlende Selbstregulation – nachhaltig das Selbstvertrauen der einzelnen Akteure. Visuelle Stressmuster So kann es z.B. passieren, dass selbst positiv besetzte Erfahrungen wie „Erfolgserlebnisse“(3) in der bildlichen Darstellung als ambivalent zutage treten, da sich ein emotionaler „Absturz“ eingemischt hat, wie in Bild 1, in diesem Fall hervorgerufen durch eine Kündigung. Bisweilen kann sogar eine Krankheit als einziger Ausweg aus dem Hamsterrad empfunden werden. Man wehrt sich mit einer Diagnose – z.B. Depression oder Burnout – gegen eine feindlich erlebte Arbeitswelt. Und so höre ich in letzter Zeit öfter: „Ich glaub, ich hab´ nen Burnout...“ (siehe Bild 2). Meistens stellt sich heraus, dass die Selbstdiagnose falsch war — glücklicherweise! Die meisten Menschen sind nämlich schlicht und einfach überfordert. In Abb. 3 steht die Lieblingsfarbe Rot für die Lebensenergie des Malers. Diese Allegorie passt hier besonders gut. Der Zeichner sagt selbst, dass ihm „Energie“ gerade dann fehlt, wenn er sie am dringendsten benötigt: wenn er sich bedrängt fühlt, was in seinem fordernden und kräftezehrenden Job häufig vorkommt. Das Bild zeigt sein Stressmuster; es führt ihm förmlich vor Augen, wie seine „Lebensenergie ausrinnt“.(3) Der Maler kann sich nur schwer abgrenzen, sowohl gegen Überforderung (von außen), als auch gegenüber seinen eigenen hohen Ansprüchen (von innen). Er bräuchte dringend einen Ausgleich, aber das „Wiederaufladen der Batterien“, z.B. durch Entspannung, versagt er sich meistens, da er Abschalten, Ruhe, ja jedwede Form der Entlastung unbewusst mit Faulheit gleichsetzt. Einmal ins Bild gesetzt (Abb. 4), erscheint dieser lebenswichtige Ausgleich nicht mehr so unerreichbar wie bisher. Der visuelle Anker macht die potentielle Ressource sichtbar und wirkt als Aufforderung. Herzensbildung und emotionale Kompetenz als betriebliche Gesundheitsförderung Organisationales Handeln kommt immer als Wechselwirkung zustande. Unternehmensstrukturen und Emotionen beziehungsweise Sozialverhalten der Akteure bedingen einander, formen und gestalten sich gegenseitig. Weick schlägt vor, Organisationen „als Erfindungen von Menschen [anzusehen], die dem Erlebensstrom übergestülpt werden und ihm für den Augenblick eine gewisse Ordnung aufzwingen“.(2) Bilder veranschaulichen solche Ordnungen und zeigen, wie Menschen tief innerlich denken, empfinden und urteilen. Bilder sind Heuristiken (angewandte Faustregeln), die Entscheidungen erleichtern. Dabei geht es nicht um optimale, sondern um schnelle, einfache und ökonomische Maßnahmen. Bildprozesse funktionieren nach diesem heuristischen Prinzip, sowohl im Einzelcoaching, als auch in Gruppen. Wir nutzen die im Bild beobachteten Strukturen zum Probehandeln. Das klassische Postulat, Wirtschaftlichkeit durch rationales, sachliches Verhalten zu erreichen, ist so kostspielig wie illusorisch. Es wird höchste Zeit, dass die „weichen Faktoren“, verbunden mit der Frage nach der Menschlichkeit unternehmerischer Entscheidungen ernst genommen und handlungsleitend werden. Deshalb rate ich dazu, unter Anleitung externer Fachleute auf allen Unternehmensebenen regelmäßig gemeinsame Mal-Zeiten einzuführen. Sie befördern eine offene, kooperative Unternehmenskultur und können zur Früherkennung bzw. Burnout-Prophylaxe dienen.  Abb. 1: Erfolgserlebnisse mit Karriereknick  Abb. 2: Burnout oder nicht Burnout — das ist hier die Frage  Abb. 3: Visuelles Stressmuster: Lieblingsfarbe in der Klemme  Abb. 4: Entspannung Die Autorin: Sabine Mertens ist Kunsttherapeutin und Psychotherapeutin HPG in eigener Praxis in Hamburg. Ihr Schwerpunkt in Diagnostik, Coaching, Training und Supervision ist die systemische Bearbeitung von Klientenzeichnungen. Ihre Leidenschaft ist emotionales Selbstmanagement und die VerFührung ihrer Mitmenschen zur Selbst­führung. IP Institut für PersonalentwicklungBeratung Coaching Insights MDI®Sabine MertensBehringstr. 28a / Haus 3, D-22765 HamburgTel. 040-39834-154sabinemertens@t-online.de www.sabinemertens.com (1) Simon, Fritz B., Meine Psychose, mein Fahrrad und ich, Carl Auer, 2012(2) Weick, Karl E.: Der Prozeß des Organisierens, Suhrkamp 1999(3) Mertens, Sabine: Wie Zeichnen im Coaching neue Perspektiven eröffnet, Beltz 2014
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Bildnerische Methoden (2): Emotionale  Selbstregulierung  mithilfe von Bildern

Bildnerische Methoden (2): Emotionale Selbstregulierung mithilfe von Bildern

Bildnerische Methoden (2) Emotionale Selbstregulierung mithilfe von Bildern Sabine Mertens Niemand würde heute mehr abstreiten, dass die Fähigkeit, sich sprachlich auszudrücken, zu schreiben und zu lesen, die Überlebenschancen erhöht. Nun, ich bin sicher, dass auch durch ästhetische Bildung und ein besseres (Selbst-)Verständnis von Metaphern, Symbol- und Zeichensprache Lebensqualität verbessert und Überlebenschancen erhöht werden. In diesem Artikel lernen Sie, wie man die in Bildern enthaltenen Symbole und emotionalen Engramme (Gedächtnisspuren) nutzen kann, um Krisen zu bewältigen, angemessene Entscheidungen zu treffen und Selbstregulierung zu lernen. Lebenslanges Lernen, aber wie? Die Zeichnerin des folgenden Bildes, Frau R., hat sich erfolgreich mit Dienstleistungen für Unternehmen selbstständig gemacht. Dank ihrer einnehmenden Kommunikationsweise ist Kundengewinnung eine ihrer stärksten Seiten. Aktuell will ihr die Kundenansprache allerdings nicht gelingen. Überaus selbstkritisch und motiviert von der besten Absicht, „lebenslanges Lernen“ umzusetzen, hat Frau R. bei sich selbst akute Wissensdefizite diagnostiziert und erwägt eine zweijährige Weiterbildung an einem renommierten Institut (zu einem Tarif im oberen vierstelligen Bereich). Sie nennt das Bild, das ihren momentanen (depressiven) Zustand und die „Angst, Fehler zu machen“ wiedergibt, „Zerbröseln“.  Resonanzbild zu einem Gefühl: „Zerbröseln“ (Frau R.) Punkte und diagonal geschwungene Linien sind so nah beieinander angeordnet, dass sie eine nach allen Seiten offene Haufenform zwischen Erkennbarkeit und Auflösung ergeben. Im rechten oberen Quadranten des Bildraums eine senkrechte Linie und darunter ein Punkt. „Ein Ausrufezeichen — Achtung vor der Gefahr“, sagt die Zeichnerin. Um das Kernthema herauszukristallisieren, lasse ich Frau R. weitere Assoziationen und Erinnerungen ins Bild setzen. (Ihre eigene Deutung des Symbols greife ich nicht auf). Verdichtete Lebenserfahrung „Woher kennen Sie dieses Gefühl des Zerbröselns?“, frage ich. Es folgt ein Bild mit dem ausgeschriebenen Firmennamen des Unternehmens, bei dem sie vor ihrer Selbstständigkeit viele Jahre beschäftigt war. Die letzten Jahre ihrer Betriebszugehörigkeit waren überschattet von einem permanenten Veränderungsprozess des Unternehmens, das jederzeit von der Liquidation bedroht war... Auch die viel weiter zurückliegende „Trennung der Eltern“ assoziiert sie mit dem Zerbröseln. Gefühle zuordnen Des Weiteren fallen ihr zum Thema Zerbröseln auch ihre permanenten „Selbstzweifel“ ein, das Gefühl, „im Erfolg allein gelassen“ und sogar negativ beurteilt zu werden: „Das schaffst du nie!“ vermitteln die beiden Figuren im Hintergrund (ihre Eltern) ihr (der Figur auf dem Podest).  Resonanzbild auf ein Resonanzbild: „Selbstzweifel“ (Frau R.) Frau R nennt das Bild „Selbstzweifel“. Es wird aber deutlich, dass die Zweifel (stellvertretendes Symbol ist das Fragezeichen) gar nicht zu ihr selbst, sondern zu den Eltern gehören, die durch ihre negative Einstellung und dauernde Kritik Frau R.s Fortkommen lebenslang massiv boykottierten. Die Bildsequenz öffnen — leere Blätter als Projektionsflächen Wir legen nun alle Bildassoziationen nach links an das Resonanzbild „Zerbröseln“, da die Assoziationskette sich auf zurückliegende Situationen bezieht. (In der linearen Sichtweise der Bildreihe liegt die Vergangenheit links, die Zukunft rechts). Die fertige Sequenz ergänzen wir links und rechts je durch ein leeres Blatt. Im chronologischen Verlauf wird nun erkennbar, dass das Gefühl des Zerbröselns die Ausweitung und Generalisierung eines viel älteren Gefühlskomplexes darstellt... (siehe Grof, COEX-Systeme).  Ressourcen aktivieren Da Frau R. ihr Leben bislang eigenständig gemeistert hat, muss es außer dem wiederkehrenden Zerbröseln auch resiliente Eigenschaften geben, mit deren Hilfe sie (über-)leben konnte. „Was hat Sie befähigt, die bisherigen Krisen zu überwinden?“, erfrage ich diese Eigenschaften direkt. Stellvertretend füllen wir jetzt das leere Blatt rechts mit Hütchen. Da stehen nun Durchhaltevermögen, Optimismus, Lebensfreude, die Fähigkeit, Beziehungen zu knüpfen und Krisen durchzustehen, Improvisationstalent, Selbstvertrauen, Verführungskunst und so weiter. (Einige der Eigenschaften korrelieren mit den klassischen resilienten Fähigkeiten, siehe Reivich / Shatté 2002).  Als wir unsere Aufmerksamkeit auf Frau R.s starke Eigenschaften richten, die sie, verknüpft mit konkreten Situationen, auf das vormals leere Blatt projiziert hat, wendet sich ihre Stimmung, die Lebensgeister kehren zurück. Die zyklische Lesart In einem letzten Schritt legen wir die Sequenz auch noch im Kreis. So spiegelt sie das Leben der Zeichnerin insgesamt wider. Die resilienten Eigenschaften werden anschlussfähig, die Tiefpunkte erscheinen als vorübergehende Phänomene. Anstatt in ihrem ohnmächtigen Gefühl gegenüber dem Zerbröseln zu verharren, wird ihr nun klar, dass sie es nicht verhindern kann, denn es gehört zum Leben mit seinen zyklischen Abläufen. Sie konnte weder die Trennung der Eltern, noch den Untergang des Unternehmens verhindern; eine heile Welt mit ewigem Zusammenhalt von Dingen und Menschen gibt es nicht. Deckthemen erkennen Mithilfe der beschriebenen Bildsequenz konnten wir herausfinden, dass Frau R. zur Weiterentwicklung ihres Unternehmens keineswegs das nötige Fachwissen fehlte. Der vermeintliche Weiterbildungsbedarf verdeckte die akute Selbstwertkrise. Die Fortbildung wäre eine teure Fehlinvestition gewesen. Schlimmer noch: Als Teilnehmerin einer Maßnahme, deren Inhalte ihr sogar aus eigener praktischer Berufserfahrung bekannt waren, hätte sie ihr angeschlagenes Selbstvertrauen nur noch weiter unterminiert. Stattdessen hat sie die Gespenster der Vergangenheit aktiv konfrontiert, negative Überzeugungen aufgelöst, ihre (emotionalen) Ressourcen gestärkt. Mit dem neu gewonnenen Selbstvertrauen kann sie sich nun für ihr kleines Unternehmen stark machen und parallel zur Projektabwicklung neue Kunden akquirieren. Literatur-Empfehlungen Sabine MertensWie Zeichnen im Coaching neue Perspektiven eröffnetBeltz Verlag 2014 Die Psychologie der Zukunft. Erfahrungen der modernen Bewusstseinsforschung, Stanislav Grof, Verlag Astrodata 2002 Reivich, Karen/Shatté, Andrew: The Resilience Factor. Portland: Broadway Books 2002  Die Autorin: Sabine Mertens ist Kunsttherapeutin und Psychotherapeutin HPG in eigener Praxis in Hamburg. Ihr Schwerpunkt in Diagnostik, Coaching, Training und Supervision ist die systemische Bearbeitung von Klientenzeichnungen. Ihre Leidenschaft ist emotionales Selbstmanagement und die VerFührung ihrer Mitmenschen zur Selbst­führung. IP Institut für Personalentwicklung Beratung Coaching Insights MDI® Sabine Mertens Behringstr. 28a / Haus 3 D-22765 Hamburg Tel. 040-39834-154 sabinemertens@t-online.dewww.sabinemertens.com     
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