Rüdiger Standhardt Die Kunst den Tod ins Leben einzuladen Cover

Eine ganz persönliche Rezension

Rüdiger Standhardt
Die Kunst, den Tod ins Leben einzuladen.
Denkanstöße für einen achtsamen Umgang mit Sterben, Tod und Abschied.
Klett-Cotta-Verlag Stuttgart 2023. 288 S.

Vorab: Es ist ein leises, ein zartes Buch. Meine Angst, über diese Lebensphase esoterisch belehrt zu werden, war unbegründet.

Schon das Format des Buches überraschte mich mit seiner „Feng Shui-Form“: quadratisch. Zum Glück ist es auch nicht so schwer, so dass man es gut unterwegs mitnehmen könnte.

Rüdiger Standhardt holt einen erst einmal durch seine eigene Lebensgeschichte ab, die mich schon schlucken ließ und erklärte, warum er sich gerade mit diesem Thema auseinander gesetzt hatte.

Das Buch war zu mir gekommen, denn auch ich steckte in einer schwierigen Lebensphase und so hoffte ich auf Unterstützung durch diese Literatur.

Unterm Strich wurde ich nicht enttäuscht.

Ist man in einer Lebensphase, meist zum Ende der Berufszeit, dann wird man sehr häufig mit dem Tod konfrontiert. Allein in der Zeit des Buchlesens, die sich dadurch verlängerte, verlor ich drei mir nahestehende Menschen.
Seitdem ich das Buch gelesen habe, merke ich, wie ich diese Tode anders reflektiere.

Der Autor führt den Leser durch vier Phasen: Leben ”“ Sterben ”“ Tod ”“ Trauer.

Und immer berichtet er von eigenen Auseinandersetzungen mit dem Thema und holt sich ExpertInnen an seine Seite. Dieses Miteinander der AutorInnen fand ich sehr sympathisch: Mal gibt es Berichte, mal Interviews, mal Staunen, mal Tipps.

Überhaupt die vielen Tipps: Das Buch ist gespickt mit zahlreichen Hinweisen auf andere Bücher, Quellen, Institutionen.
Rüdiger Standhardt belehrt nicht, sondern gibt „Denkanstöße“. Er zeigt im Kapitel „Leben“, dass die Basis für eine gute Bewältigung des Sterbens die Liebe ist. Auch Vorsorgevollmachten gehören z.B. dazu (Kapitel Leben).
Immer wieder tauchen QR-Codes für Achtsamkeitsübungen auf. Das fand ich nett, aber etwas unpraktisch. Denn wenn ich abends im Bett das Buch lese, habe ich längst das Handy ausgeschaltet. Auch wenn ich unterwegs bin, kann ich keine Achtsamkeitsübung plötzlich machen.

Hochinteressant fand ich die Tipps zum Sterben (Kapitel Sterben). So erfuhr ich, dass es in Deutschland unterschiedliche Möglichkeiten selbstbestimmten Sterbens gibt.

Sehr eingängig fand ich die Kommunikation mit dem Sterbenden, und dass Berührung bis zuletzt eine wesentliche Unterstützung im Verabschiedungsprozess ist. Übrigens empfinden die meisten die Berührung am Kopfende als sehr wohltuend.

Mich hat das Buch (Kapitel Tod) dazu gebracht, ganz bewusst Kontakt zu einem kranken und eventuell sterbenden Familienangehörigen zu suchen und ihn noch einmal zu sehen und zu berühren. Vier Tage danach war er tot. Für ihn waren dieser und ein nachfolgender Besuch die Möglichkeit, sich nun vom Leben trennen zu können. Wir haben ihn glücklich gemacht und konnten uns verabschieden. Dafür bin ich dankbar.

Es ist ein Reflexionsbuch, ja, man darf arbeiten ;-). Tatsächlich freute ich mich zunehmend auf die Kapitelende, die mit Fragen aufwarteten. Denn sie brachten mich dazu, über bestimmte Dinge leicht nachzudenken. Zum Glück waren es keine Handlungsanweisungen, sondern ein „Tagebuch der Selbsterforschung“. Ich konnte dort verweilen, kurz oder lang darüber nachdenken, oder einfach weiterlesen.

Die Idee, sich eine eigene Urne zu gestalten, fand ich einfach wunderbar. Das habe ich mir nun vorgenommen.
Das Kapitel Trauer hat mir vor Augen geführt, dass das ganze Leben aus Abschiednehmen besteht und dass der Tod nur eines davon ist.

Zum Schluss ein Zitat aus dem Buch von Stephen Levine: „Bereite Dich jetzt auf den Tod vor, damit Dein Leben intensiver und erfüllender wird.“

Fazit: Lesenswert

Katrin Seifert

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