Monika Molter Monika Molter

Holywood im Führungskräfteseminar

Helden im Seminar

Monika Molter

Die „Heldenreise“ ist ein Muster fürs Geschichtenerzählen, das zu allen Zeiten und in allen Kulturen verwendet wurde. Hollywood hat daraus Erfolgsfilme gemacht. Star Wars, Harry Potter, Pretty Woman, Avatar, Titanic – fast alle erfolgreichen Drehbücher sind nach den dramaturgischen Prinzipien der „Heldenreise“ aufgebaut. Was hindert daran, bei der Konzeption eines Seminars Anleihen bei diesem Spannung und Betroffenheit versprechenden Modell zu machen? Warum nicht den Seminarteilnehmer als erfolgreichen Autor und Helden seiner eigenen Entwicklungsgeschichte ansehen? Ein Ausflug in die Drehbuch-Theorie lohnt sich.

Christopher Vogler hat sich mit den archetypischen Mustern des modernen, erfolgreichen Films beschäftigt und entwickelte daraus einen 12-schrittigen Konzeptionsstrang für ein Film-Drehbuch nach dem Muster einer Heldenreise: Diese startet in der Alltagswelt des Helden, dem Status quo. Sie wird erschüttert, Veränderung ist angesagt. Der Held ist widerständig, mancherlei Hemmnisse stehen der Veränderung der aktuellen Situation entgegen. Es treten Mentoren auf, die Ratschläge und Warnungen erteilen. Der Held empfindet einen deutlichen Mangel und sieht am Ende nur eine Möglichkeit, diesen zu beheben: Verlassen der vertrauten Umgebung und Eintritt in die unbekannte Welt. Hier erwarten ihn Abenteuer und mannigfaltige Prüfungen, Konflikte müssen gelöst und bedeutende Entwicklungsschritte gemacht werden. Dann erst ist er bereit zur Rückkehr. Ein neues Leben beginnt, der Held kann seine Lorbeeren einsammeln, hat eine neue Identität gefunden. In der Regel führt die Heldenreise zum Happy End: der Held hat seine (inneren und äußeren) Widersacher besiegt und wird belohnt. Siegreich tritt er mit dem Elixier die Rückreise an.

Koffer packen für eine spannende Reise im Seminar

Die Heldenreise als dramaturgisches, aber auch als Veränderungs- und Innovationsprinzip lässt sich leicht auf fast jedes Führungskräfteseminar, z.B. ein Seminar zum Thema „Konflikt“ übertragen: Das Seminar setzt an bei der gegenwärtigen Situation der Teilnehmer, der Ausgangslage, die es zu verändern gilt. Worin besteht das „Need“ (John Truby), d.h. die Schwäche, die überwunden werden will, um besser leben oder arbeiten zu können? Was genau stört die Teilnehmer an ihrem bisherigen Konfliktverhalten? Welchen Leidensdruck empfinden sie? Welche Konflikte wären sie im Nachhinein lieber konstruktiv angegangen? Was hätten sie besser machen können? Im Fortgang des Seminars beschäftigen sich die Teilnehmer ähnlich wie die Hollywood Helden mit Widersprüchen, Widersachern und finden Hilfreiches und Unterstützendes, ihre Ressourcen, damit die Veränderung gelingen kann.

Sodann betreten die Teilnehmer das „Land der Abenteuer“, sie proben und üben im Rollenspiel neue Verhaltensweisen. Sie erkennen, was im Konfliktfall klärend oder deseskalierend wirkt und was nicht. Am Ende des Seminars sind sie einen wichtigen Schritt weiter gekommen, so dass sie neue Wege in ihrem Arbeitsalltag beschreiten können.

Im letzten Teil des Films/ Seminars erfolgt die siegreiche Rückkehr der Teilnehmer-Helden. Jetzt geht es darum, die gewonnen Erkenntnisse für die Alltagspraxis zu verankern und Belohnungen/ Lob für die Mühen abzuholen. „Wahr ist, was in der Praxis fruchtbar und nützlich ist“, dieser Satz kann ein Prüfkriterium sein für die Lorbeeren, mit denen sich der (Seminar-)Held schmücken kann.

Ein Seminarablauf, orientiert an der Heldenreise, lässt sich wie folgt darstellen:

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Bei dieser Ablaufplanung handelt es sich um einen Leitfaden. Veränderungen der Reihenfolge, Regelverstöße sind immer möglich, wenn es der Rahmen des Seminars erfordert. Ähnlich wie im Film ist zu vermuten, dass das Publikum es sogar goutiert, wenn gegen Erwartungshaltungen auf kreative Weise verstoßen wird.

Die Anwendung der Heldenreise bietet nicht nur Fragestellungen, um Seminarkonzepte spannender zu gestalten, sie sichert auch die Qualität des Seminars im Hinblick auf die „Teilnehmerorientierung“, denn sie stellt konsequent die Seminarteilnehmer und ihre Entwicklungsschritte in den Mittelpunkt. Der Trainer ist einfühlsam und mit voller Aufmerksamkeit bei den Regungen, Problemen und Ressourcen der Seminarteilnehmer. Das Thema kann nicht „abheben“, es ist immer das Thema der Teilnehmer und immer bezogen auf ihre Praxis.

Publikumsvertrag erfüllt?

Moderne Drehbuch-Theorien erweitern die Liste der Qualitätskriterien für einen spannenden und berührenden Film. So stellt Roland Zag die Frage nach der Intensität sozial bedingter Emotionen, die durch den Film fühlbar gemacht bzw. befrie-digt werden. Auch dies sind Gedanken, die der Trainer im Sinne optimaler Teilnehmerorientierung und eines guten Lernerfolgs aufgreifen kann. Soziale Emotionen (wie Zugehörigkeits- und Gerechtigkeitsgefühl, Bindung/ Loyalität) haben großen Einfluss auf die Interaktionen mit anderen Menschen. Das gilt auch und besonders für ein Seminar. Wie im „Publikumsvertrag“, den der Film mit den Zuschauern schließt, ist auch der Seminarerfolg immer auch abhängig vom „Human factor“: Je besser die Beziehungsebene funktioniert, desto größer ist der Erfolg auf der Sachebene. Als „Controlling-Fragen“ für das Funktionieren der Beziehungsebene im Seminar bieten sich in Anlehnung an Zag z.B. an: Wie kann durch das Trainingskonzept, ein „Wir“-Gefühl initiiert werden? Was führt zu einer solidarischen Arbeits- und Lernhaltung / einer Fehlerkultur? Wie muss die einzelne Übung angelegt sein, dass eine Atmosphäre konstruktiven, kollegialen Austauschs entsteht?

Trainer im Land der Abenteuer

Eine Heldenreise hat für viele Seminarleiter und Trainer in den letzten Jahren schon begonnen. Der Ruf zur Tat wird immer lauter: Viele Auftraggeber verlangen heute explizit, dass neue, kreati-vere Methoden im Seminar eingesetzt werden. Die Teilnehmer sind übersättigt von Kartenabfrage und Flip Chart Präsentationen. Für einen nachhaltigen Seminarerfolg müssen die Teilnehmer im Seminar nachhaltig erreicht werden.

Literaturtipps

  • Angelika Höcker, Business-Hero. Eine Heldenreise in sieben Etappen, GABAL-Verlag 2010
  • Christopher Vogler, Die Odyssee des Drehbuchschreibers, Zweitausendeins 6. Auflage 2010
  • Roland Zag, Der Publikumsvertrag. Drehbuch, Emotion und der „human factor“, UvK 2010

Monika Molter, Dipl.-Soz.-päd.

war als Dipl. Soziologin lange Jahre in der Sozialforschung tätig und arbeitet seit rund 15 Jahren als selbständige Trainerin und Coach für Führungskräfte. Unter dem Motto „Lernen und Veränderung dürfen Spaß machen“ bietet sie auch Train the Trainer Seminare an.

Kontakt:

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Monika Molter
Zonser Str. 60, 50733 Köln
Tel. 0221 3465712
molter.akt@netcologne.de
www.akt-personalkompetenz.de

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