Leserrezension zu:

Sandra Masemann & Barbara Messer (2009)

Improvisation und Storytelling in Training und Unterricht

 

Verlagstext zum Buch:

„Improvisation und Storytelling sind wirksame Methoden, um mit Gruppen fachlich zu arbeiten. Wirksam deshalb, weil das Wesen der Improvisation, »der Schritt ins Ungewisse«, bereichert und erstaunliche Ergebnisse zutage fördert. Storytelling in Training und Unterricht hilft, Sachverhalte auf den Punkt zu bringen und Erkenntnisse anzustoßen, die einen unglaublichen Lerneffekt haben.

Das Buch ist Grundlagenwerk und praxisorientierter Ratgeber in einem. Die Autorinnen zeigen viele praxisnahe Tipps, um die Improvisation von der Bühne mitten in das Training oder den Unterricht zu übertragen und dort zur Optimierung des Lernerfolgs zu nutzen. Gleichermaßen wird das Storytelling eingesetzt: Geschichten geben im Bereich der Wissensvermittlung intensive Anknüpfungspunkte, um Inhalt und Stoff, egal welcher Art, mit Emotionen zu verbinden. Und genau diese emotionale Verbindung ist nach neuesten Erkenntnissen der Gehirnforschung einer der erfolgreichsten Effekte in Lernprozessen.

Der riesige Fundus an Ideen, Anregungen und Tipps lässt sich in jedem Training und in jedem Unterricht einsetzen.“

 


 

Leserrezension von Michael Kramer 

 

Einleitung

Erving Gofmanns (Bühnensoziologe) Idee vom Leben als Bühne wird hier fürs Unterrichten und Trainieren deutlich gemacht: Aktives Schauspielern auf einer Unterrichts- und Seminarbühne, dazu bringt der Beltz-Verlag ein Methodenbuch heraus, in dem auch das Storytellingthema fürs praktische Anwenden beschrieben und vorgemacht wird.

Eine gute Geschichte ist manchmal die beste Art, Wissen zu vermitteln“ (Davenport & Prusak). Davon wird in dem Buch gleich eine Menge mitgeliefert.

Aufbau, Inhalt, Zielsetzung

Das Buch ist neben Vorwort, Einleitung und Schlusswort gegliedert in folgende Kapitel:

  • Improvisationstheater und Theatersport
  • Improvisation in Training und Unterricht
  • Improformate für den Einsatz in Training und Unterricht
  • Storytelling

Die blanken Methodensammlungen (Anleitungen zu ganz konkreten, einzelnen Formaten) zu Improvisation und Storytelling umfassen jeweils rund 30 Seiten. Es schreiben zwei bis in die Spitzen begeisterte Bühnenarbeiterinnen, denen das Anregen und Lebendigmachen von Lernprozessen am Herzen liegt:

„Die Aufmerksamkeit unseres Gehirns ist dann besonders hoch, wenn es mit Neugierde auf Unbekanntes und Ungewöhnliches trifft. Neben dem Spaß wird auch der Lernprozess optimiert.“ (S. 14)

Die Mission: Persönliche Erfahrungen und Lerninhalte in einer leichten, eleganten und unterhaltsamen Art verpacken. Für mehr Freude am Lernen. Und, damit die Lernerfolge langfristig stabiler sind.

Kritische Würdigung

Ob Christoph Meineke weiß, wie man kostenfrei den Straßenbau und die touristische Attraktivität niedersächsischer Kleinstädte verbessert? Der Mann ist Bürgermeister der Gemeinde Wenningsen (Deister), wo einst Adolph Freiherr Knigge und Heinz Erhardt wohnten. Um menschliches Verhalten und Humoriges geht es auch Sandra Masemann und Barbara Messer, denen Paola Molinari im Vorwort die Fähigkeiten attestiert, ganze Ortschaften durch ihr Wirken verändern zu können. Sie wohnen und wirken in Wenningsen (Deister), und von dort aus auf Kongressen (z.B. DGSL, Bildungsmesse didacta), in Seminaren, in der Trainer-Ausbildung und in der Lehre.

Improvisation sei eine Lebenseinstellung und tägliche Erfahrung, die sich in allen Lebensbereichen zeigen kann, lesen wir, bekommen wir erzählt. Das quicklebendige Trainerinnen- und Schauspieler-Duo Masemann-Messer legt ein weiteres Buch voller nützlicher Anregungen vor. Es muss mit viel Leidenschaft geschrieben worden sein, denn es werden viele konkrete Tipps mit eigenen Schlängelwegen und Reisen durch abenteuerliche Situationen dargeboten.

Nahezu unweglegbar wird das dicke Beltz-Werk durch die fröhliche Schreibe im Erzählstil. Die Autorinnen bieten viele eigene Erfolgserfahrungen an und gewähren zahlreiche Einblicke ins Persönliche. Diese schreiberischen Näheangebote bieten die Möglichkeit, eigene Anwendungsmöglichkeiten beim Lesen zu ersinnen und mitzudenken. Von Praktikern für Praktiker, das steht zwischen den Zeilen auf jeder zweiten Seite.

Empfehlenswert ist die Lesehaltung des befreundeten Kollegen: Stellen Sie sich vor, Sie erhielten einen sehr langen Brief eines befreundeten Coachs, der Ihnen die Arbeit in Lehre und Training erleichtern möchte.

Neben fein ausgewählter Literatur kommen ungewöhnlich viele Wikipedia-Zitate vor – endlich mal jemand, der nicht nur dorthin spickzettelt, sondern zu dieser Quelle steht und fleißig davon Nutzen macht. Auch Zitate und Übungen werden korrekt und ausführlich mit Quellenangaben versehen. Viele Kollegen kommen zu Wort, nicht zuletzt dadurch werden die Anwendungsmöglichkeiten in Therapie, Unternehmen, Schule, Beratung, Coaching und Training glaubhaft und leicht nachvollziehbar. Und wer noch an seinem Stil feilen möchte oder an Grundsätzlichem interessiert ist, der lernt hier in einem Rutsch mit, wo es weitergehen kann.

"Im Grunde sind wir das, was wir uns selbst und anderen erzählen", sagt Dr. Karin Thier - man kann also auf das neue Buch bezogen berechtigt hoffen, schon durch die Lektüre etwas Gutes für die eigene Impro- und Erzählexpertise zu tun.

Vor wenigen Jahren fand schon der 3. Europäische Kongress für Storytelling und narratives Management statt, wo Storytelling-Praxisbeispiele aus Allianz, BASF, DaimlerChrysler, Europäischer Kommission und anderen berichtet wurden. Die Zeit schien also schon länger reif für eine Anleitung, die sich an Weiterbildner und Lehrer richtet. Suggestopädisches- und NLP-Wissen, Führungserfahrung, aktive Theaterarbeit und viel praktische Trainererfahrung machen das Buch fundiert in der Expertise und reich an bunt illustrierten Anwendungsbeispielen.

Die Sahnehäubchen sind Moondance und Heldenreise. Vor allem die Heldenreise wird erstmals in einem Trainer-Praxisbuch so beschrieben, dass man sie schnell und leicht für die eigene Arbeit anwenden kann und sich Einsatzmöglichkeiten rasch finden lassen.

Ob Christoph Meineke weiß, wie man kostenfrei den Straßenbau und die touristische Attraktivität niedersächsischer Kleinstädte verbessert? Vielleicht ist es nicht notwendig, denn nur die Wirkung zählt. Bühnenerzählungen und Geschichten wirken manchmal auch ohne, dass sich das Publikum der Wirkstrukturen bewusst wird.

Empfehlungen

Von Jesus bekommen wir 30 Gleichnisse und 35 Wunderberichte geliefert, letztere sind ebenfalls zu Erzählgeschichten geworden, einige finden als geflügelte Worte Anwendung, wenn wir einen Sachverhalt schnell auf den Punkt bringen möchten.

Masemann und Messer zeigen, wie’s geht beim Darstellen und Erzählen. Vermutlich werden wir einiges davon auch bald als Erzählungen wieder finden, auf dem ein oder anderen Trainertreffen, im Seminar oder an sonst einem Ort, wo es ums Lernen geht.

Nach dem Lesen geht es einem wie nach einer Handvoll Zitronenbonbons: Man ist erfrischt, gestärkt und tiefer atmend. Das Buch ist eine Frischekur für lebendiges Lernen. Der Ratgeber ist, als würde Bühnensoziologe Gofmann Neonhosen tragen und mit den Heldenreisern Campbell und Vogler Salsa tanzen: Frisch, frech, knackig.

Michael Kramer

Rezensent: Michael Kramer

 

 Zum Trainer-Profil von Michael Kramer

 

Literatur-Tipp

Wie wir arbeiten und was wir fordern

Philipp Riederle
Wie wir arbeiten und was wir fordern
Die digitale Generation revolutioniert die Berufswelt
Dreomer Knaur Verlag 2017
336 Seiten, 16,99 € (eBook 14,99 €)

Deutschlands jüngster Unternehmens-berater Philipp Riederle erklärt in diesem Debattenbuch, wie die digitale Generation wirklich tickt: Viele Unternehmen befürch-ten, keinen qualifizierten Nachwuchs mehr zu bekommen, denn die nun auf den Arbeitsmarkt drängende Generation – die sogenannte Handy-Generation – gilt bei Managern und Personalern als verwöhnt und spaßorientiert. Hier hakt Philipp Riederle ein und erklärt als Vermittler zwischen Alt und Jung die Lebenswirklich-keit seiner Altersgenossen und ihre Ansprüche.

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