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Rechte und Pflichten als Urheber

Zitat oder Plagiat?

Ute Flockenhaus

Die schnelle Verfügbarkeit von Texten, Bildern, Ton- und Filmmaterial – besonders im Internet – verführt dazu, sich aus diesem Füllhorn geistiger Schöpfungen zu bedienen. Das ist auch in Ordnung, denn nur so entsteht letztlich Kultur: indem wir Ideen verbreiten und weiterentwickeln. Um kreatives Arbeiten wertzuschätzen und zu schützen, ist dieses seit 1886 in der sogenannten Berner Übereinkunft urheberrechtlich geschützt und heute im Urheberrechtsgesetz (UrhG) festgeschrieben, das jedoch gerade in Anbetracht der Digitalisierung kontinuierlich Neuerungen und Überarbeitungen erfährt. Das UrhG ist ein komplexes Recht und umfasst derzeit mehr als 150 Paragraphen. Im Folgenden sollen jedoch nur die für Sach- und Fachbuchautoren in der Praxis relevanten Themen zur Sprache kommen. Die spannende Frage für uns als Autoren ist: Welche Rechte und welche Pflichten haben wir im Kontext des geistigen Eigentums?

Wen und was schützt das UrhG?

Das Urheberrecht schützt Urheber von literarischen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Werken gegen unbefugte Nutzung.

Ein Werk ist ein Sprachwerk (Buch, Blog, Gedicht, Zeitungsartikel, Exposé etc.), eine Rede oder auch ein Computerprogramm, ein Foto, Film, Grafik, Tabelle, Skizze. Die Qualität des Werkes spielt keine Rolle. Voraussetzung für den Schutz durch das UrhG ist jedoch, dass eine gewisse Schöpfungshöhe, also eine Kreativleistung, vorliegt. Ein Telefonbuch ist demnach kein „Werk“ im Sinne des UrhG, da es zwar auf Fleiß und Systematik, nicht aber auf Kreativität beruht. Das UrhG bezieht sich explizit auf „Werk gewordene geistige Schöpfungen“, es schützt demnach zwar ausformulierte Texte, nicht jedoch die Ideen, die diesen Texten immanent sind bzw. zugrunde liegen.

Urheber sind stets natürliche Personen, also keine Firmen, weswegen zum Beispiel in Verlagsverträgen nur natürliche Personen Vertragspartner sein können.

Das Urheberrecht ist nicht übertragbar. Der Schöpfer eines Werkes bleibt stets identisch, seine Rechte bleiben unangetastet. Er kann jedoch gewisse Rechte – wie die Verwertung seines Werkes – übertragen oder auch auf Rechte verzichten. Im Falle von Ghostwriting zum Beispiel verzichtet der Urheber (Ghost) in der Regel auf die Nennung seiner Urheberschaft und vereinbart mit dem Auftraggeber, darüber Stillschweigen zu wahren.
Als Urheber gelten gemäß UrhG auch Herausgeber von Sammelwerken, Übersetzer, Co-Autoren (Miturheber).
Was ist durch das UrhG NICHT geschützt?

  • Gesetze oder amtliche Bekanntmachungen
  • Werke, deren Urheber 70 Jahre oder länger verstorben sind
  • Werktitel – diese werden durch den Titelschutz geregelt (Markengesetz §§5 und 15)
  • Recht am eigenen Bild – ist keine geistige Schöpfung, deswegen nicht Teil des UrhG, sondern ein Grundrecht (geregelt im Grundgesetz)

Welche Rechte habe ich als Urheber eines Werkes?

Die Rechte eines Urhebers sind in zwei Hauptrechte unterteilt:

a) Das Urheberpersönlichkeitsrecht

Das Urheberpersönlichkeitsrecht sichert dem Urheber das Recht, zu bestimmen, ob und wie sein Werk veröffentlicht wird (Veröffentlichungsrecht), dass seine Urheberschaft stets kenntlich gemacht wird (Anerkennung der Urheberschaft) und das Recht, eine Entstellung oder negative Beeinträchtigung des Werkes zu verbieten.
Beispiel: Möchte ein Verlag den Werktitel ändern, so kann er dies tun, solange der neue Titel nicht die Urheberinteressen gefährdet. Nehmen wir an, der neue Titel eines Buches würde lauten „Mein Wille geschehe“, der Autor sich jedoch weder mit der Autorität, die dem Titel immanent ist, noch mit der biblischen Konnotation anfreunden kann, weil er Atheist ist, so hätte er das Recht, sich gegen diesen Titel für sein Werk zu verwehren.

b) Das Verwertungsrecht

Das zweite Hauptrecht des Urhebers ist das Verwertungsrecht für sein Werk, also das Recht, sein Werk in körperlicher Form (z.B. als Buch) zu vervielfältigen und zu verbreiten bzw. der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Während das ideelle Urheberpersönlichkeitsrecht stets beim Autor verbleibt, kann er die Verwertungsrechte an einen Verwerter, z.B. einen Verlag, übertragen.

Was regelt ein Verlagsvertrag?

Der Verlagsvertrag regelt,

  • zu welchen Konditionen ein Verlag das Werk eines Autors nutzen darf,
  • für welche Dauer er die Rechte erwirbt,
  • für welchen Verbreitungsraum diese gelten,
  • welche einzelnen Rechte (Taschenbuch, Auslandslizenz, Audio, Internet etc.) der Verlag verwerten darf und
  • ob die Verwertung exklusiv ist, für wie viele Auflagen und welchen Stückzahlen sie gilt.

Normalerweise erwerben Verlage das exklusive Publikationsrecht ohne Stückzahlbegrenzung. Gibt der Verlagsvertrag hierzu keine Auskunft, erwirbt der Verlag nur das nicht-exklusive Recht für eine Auflage von 1.000 Exemplaren.

Grundsätzlich kommt ein Verlagsvertrag ohne Schriftform aus; dies entspricht jedoch nicht der Praxis.
Für den Autor von Belang sind weiterhin folgende Punkte des Verlagsvertrages:

  • Termin der Manuskriptabgabe (Verzögerungen erlauben dem Verlag, vom Vertrag zurückzutreten),
  • Pflicht zur Überarbeitung und Aktualisierung,
  • Rückrufrecht für einzelne Rechte, falls der Verlag von diesen keinen Gebrauch macht (z.B. Audio, Lizenzen, Taschenbuch),
  • rechtliche Unbelastetheit („frei von Rechten Dritter“), d.h. der Autor versichert, dass er für alle Teile des Werkes der Urheber ist bzw. er fremde Inhalte nur im erlaubten Rahmen genutzt und kenntlich gemacht hat.

Inwieweit dürfen fremde Inhalte in das eigene Werk übernommen werden? (Zitatrecht)

Grundsätzlich unproblematisch sind Werke von Autoren, die länger als 70 Jahre verstorben sind, da ihre Werke damit gemeinfrei sind. Ab dem 30. Januar 2018 dürfen wir somit nach Herzenslust aus den Werken von Mahatma Ghandis zitieren, da dieser am 30. Januar 1948 verstorben ist.

Möchten wir jedoch aus dem Werk eines Kollegen zitieren, ist dies nur erlaubt, wenn das Zitat eine erläuternde Funktion hat oder ich mit diesem meine eigenen Ausführungen belegen oder veranschaulichen möchte.
Das Zitat muss also in jedem Fall einen Zweck erfüllen. Wenn fremde Inhalte genutzt werden, um den eigenen Text auszuschmücken oder zu ersetzen, ist dies nicht erlaubt bzw. haben wir es nicht mit einem Zitat zu tun.
Fremde Texte, die keinen Zitatzweck erfüllen, können wir nur dann nutzen, wenn wir uns beim Rechteinhaber (Verlag oder Autor) ein Abdruckrecht eingeholt haben. In der Regel ist dieses jedoch nicht unentgeltlich zu haben.
Jedes Zitat bedarf einer Quellenangabe mit Angabe des Urhebers und Werktitels. Dient das Werk als Ganzes als Quelle, muss auch der Verlag und das Erscheinungsjahr genannt werden. Alle Änderungen oder Kürzungen innerhalb des Zitats müssen kenntlich gemacht werden.

Wie lang darf ein Zitat sein?

Ein Zitat darf bis etwa eine halbe Seite lang sein, in Einzelfällen auch länger. Entscheidend ist, ob die Länge erforderlich ist, um den Zweck der Erläuterung oder Veranschaulichung zu erfüllen.

Wie nutze ich fremde Inhalte, wenn ich nicht zitieren will?

Das UrhG schützt die individuellen und schöpferischen Leistungen von Texten, nicht die Inhalte, Fakten oder Ideen. Ich darf also die Fakten übernehmen, wenn ich sie in eigenen Worten formuliere.

Bsp. Zitat: „Viele Unternehmer, die einen klassischen Handwerksbetrieb leiten, sind sich noch nicht ganz bewusst, wie schnell sich derzeit der Wandel vollzieht.“

Quelle: Udo Herrmann: Von nichts kommt niemand. Mit talentiertem Nachwuchs die Zukunft im Handwerk meistern. Holzmann Medien, 2016

Bsp. Umformulierung: Klassische Handwerksunternehmer hinken häufig der Zeit hinterher. Ihnen ist noch nicht klar, wie rasant heutige Veränderungen vonstattengehen.

Was passiert, wenn man – vielleicht sogar unwissentlich – gegen das Urheberrecht verstößt?

Wie bei allen Rechtsverstößen schützt Unwissenheit vor Strafe nicht. Im Buchbereich ist das gängige und nicht selten eingesetzte Mittel eine einstweilige Verfügung gegen das rechtsverletzende Werk. Dies ist ein aufwändiges Unterfangen, wenn das Buch bereits ausgeliefert ist und von allen Buchhandlungen und Barsortimenten zurückbeordert werden muss. Weiterhin hat der Urheber Anspruch auf Schadensersatz und kann eine Strafanzeige erheben.

Dürfen Buchrezensionen von Zeitungen und Zeitschriften zitiert werden?

Auch Buchrezensionen unterliegen dem Urheberschutz, da sie geistige Schöpfungen sind. Ein positives Statement aus einer Rezension, das zum Beispiel zu Marketingzwecken verwendet wird, erfüllt jedoch keinen Zitatzweck und darf daher nicht ohne Einwilligung des Urhebers genutzt werden.

Oftmals finden wir auf den Klappentexten von Büchern Zitate aus dem Feuilleton oder von Fachzeitschriften wie dieses fiktive Beispiel:

„Dieses Buch hält unserer Gesellschaft schonungslos den Spiegel vor. Ein unwiderstehliches Buch.“ Leipziger Allerlei Zeitung

Wenn solche Aussagen werbetechnisch genutzt werden sollen, bedarf es in jedem Fall der Einholung eines Abdruckrechtes.

Nutzbar sind dagegen Aussagen wie „Ein gelungener Unterhaltungsroman“ von Denis Scheck, da es diesem Statement an Schöpfungshöhe mangelt und es somit nicht urheberrechtlich geschützt ist.

Dürfen fremde digitale Inhalte via Link oder Embedding in eigene Seiten integriert werden?

Weder bei Links noch zum Beispiel beim Teilen auf Facebook oder beim Einbetten von YouTube-Videos (Embedding) handelt es sich um Veröffentlichungen und Vervielfältigungen gemäß UrhG, sondern um elektronische Verknüpfungen. Diese sind erlaubt, sofern die Ausgangsinhalte frei zugänglich sind und es sich nicht um geschützte Inhalte handelt.

Nur wenn man bei Links oder beim Embedding technische Zugriffssperren umgeht oder geschützte Inhalte nutzt, handelt man rechtwidrig.

Quellen:

  • Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz)
  • EuGH, Urteil vom 8. September 2016, Az. C-160/15
  • Menche, Birgit; Russ, Dr. Christian: Urheberrecht für Dummies. Wiley-VCH, 2006

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Bildnachweis: Ute Flockenhaus; Baramee - stock.adobe.com; Bernhard S. Laukamp