norbert markut von Norbert Markut, Markut Executive Search, Hamburg *

Im Spagat zwischen Tradition und Innovation 

Familienunternehmen 3.0 – mit welcher Strategie können sie den globalen Wettbewerb überleben?

„Familienunternehmen bilden nicht nur das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, sie sind ihr Herz und Motor.“
Norbert Markut

Was jahrzehntelang funktioniert hat, lässt Unternehmen erschreckend schnell zugrunde gehen. Namhafte Marken familiengeführter Unternehmen werden gnadenlos vom Markt gedrängt: Willkommen in der Weltwirtschaft 3.0! Familienunternehmen, die hier auch in Zukunft bestehen wollen, müssen spätestens jetzt neue Wege gehen.

Es besteht kein Zweifel daran, dass der Mittelstand das Rückgrat der deutschen Wirtschaft ist. Dieses Verdienst ist zuallererst dem hohen Anteil an Familienunternehmen zu verdanken. Was hat  diese in der Vergangenheit wachsen und gedeihen lassen? Idealtypisch betrachtet, haben die Hidden Champions im Kreise der Familienunternehmen vor allem ein Erfolgsrezept: Sie verteilen die Aufgaben innerhalb der Familie so, dass generationsübergreifend ein Zusammenhalt entsteht. Sie schaffen es, sich immer wieder aufeinander einzulassen und verschiedene Ebenen und Rollen (Chef, Chefin, Eltern, Ehegatten, Kinder, Erben) zum Wohle des Unternehmens abzustimmen und auszugleichen.

Familie – strategische Ressource und zugleich Gefahr 

Unabhängig von der Größe gilt es in einem Unternehmen immer, den Gesamtprozess zu orchestrieren. Dabei stellt die Familie, aber auch jedes einzelne Mitglied, das sich im Unternehmen einbringt, zugleich eine strategisch wertvolle Ressource und eine Gefahr dar. Wird ein Weg gefunden, zu jedem Zeitpunkt intern und extern den Lebenszyklus jedes Familienmitglieds so intelligent mit der Unternehmensstrategie in Einklang zu bringen, dass eine möglichst breite Überlappung der Interessen besteht,  wird das Gesamtsystem gestärkt. In Gefahr ist der Unternehmenserfolg immer dann, wenn die wahren Stärken eines Familienmitglieds unerkannt und ungenutzt bleiben, wenn es die Familien- und Unternehmenskultur nicht erlaubt, neue Wege einzuschlagen, sobald persönliche Veränderungen dies erfordern und – ein nicht zu unterschätzender Fehler – wenn der „Tradition halber“ Rollen erfüllt werden müssen. Ist dies der Fall, können weder Menschen noch Unternehmen dem Ganzen dienlich sein und sich erfolgreich entwickeln.

Generationsübergreifende Harmonie?

Unterschiedliche Generationen innerhalb des Familienunternehmens haben oft stark diametrale Meinungen zum Thema Strategie: Die genialen Tüftler der Nachkriegsgeneration haben mit ihren Erfindungen und technischen Entwicklungen für einen kometenartigen Aufstieg des Unternehmens gesorgt. Neben der starken visionären Kraft fehlt ihnen jedoch manchmal das Know-how, das operative Tagesgeschäft in der heutigen Zeit erfolgreich zu gestalten. Die neuen Anforderungen des Marktes und die Globalisierung lassen sie an Grenzen stoßen – nicht nur persönlich, sondern vor allem was die Entwicklung des Unternehmens anbelangt. Verschiedene Betrachtungsweisen des Marktes und unterschiedliche Sichtweisen auf die Zukunft des Unternehmens machen es teilweise sehr schwer, über die Unstimmigkeiten im Unternehmen die Familie zusammenzuhalten. An diesem Punkt besteht ein hoher und intensiver Kommunikationsbedarf. Familienunternehmen mit mehreren Generationen können sich jedoch nur dann professionell entwickeln, wenn eine Harmonisierung der verschiedenen Lebenszyklen der einzelnen Personen sowie des Unternehmens selbst stattfindet. Dabei wirkt sich die innere Ebene – eine Reflektion darüber, ob das, was ich tue noch zu mir als Teil der Familie und des Unternehmens passt –  ebenso auf die positive wie negative Entwicklung des Unternehmens aus. Und zwar parallel zum Markt, der sich ebenfalls in ständiger Bewegung befindet und nach Anpassungen verlangt.

Stabil ist nur der Wandel

Wenn Familienunternehmen in der Vergangenheit eines nicht kannten, dann den schnellen Wandel. Mit einer manchmal bewundernswerten stoischen Ruhe haben sie Produkte entwickelt und angeboten, von denen der Unternehmer überzeugt war und manchmal allein aufgrund einer starken Unternehmerpersönlichkeit Märkte erschlossen. Aber der kontinuierliche Wandel und die dynamische Schnelllebigkeit der Weltwirtschaft 3.0 machen leider auch vor alteingesessenen Familienunternehmen nicht halt. Viele Familienunternehmen fühlen sich deswegen heute ausgeliefert: Sie haben schlichtweg keine Strategien, mit den globalen Rahmenbedingungen umzugehen oder sogar Erfolge daraus zu generieren. Was aber sind die richtigen Strategien? Auf den Punkt gebracht:

  • Eine konsequente generationenübergreifende Öffnung für die Wahrnehmung von Familienmitgliedern und Mitarbeitern – um ein tieferes Verständnis gegenüber den Anforderungen der neuen Märkte zu entwickeln.
  • Management und Branchen werden neu definiert, Strukturen aufgebrochen, zuvor undenkbare Kooperationen denkbar – mit dem Ziel, als (Familien)-Unternehmen gestärkt aus den notwendigen Fragen bzw. Antworten auf radikal neue Marktbedingungen hervorzugehen.

Auch wenn es schmerzt: Feste Konstellationen in Frage stellen!

Neben der wirtschaftlichen Bedeutung für die oft jahrelang im Betrieb tätigen Mitarbeiter, verbindet die Unternehmerfamilie vor allem Werte mit ihrem Unternehmen. Deswegen hängt man häufig an Konstellationen, die, wie die Entwicklung der Bilanzen zeigt, weder für das einzelne Familienmitglied noch für das Unternehmen förderlich sind. Geht es – wie aktuell in sehr vielen Familienunternehmen – beispielsweise um das Thema Nachfolge, sollten deshalb immer alle möglichen Konstellationen durchdacht werden: Von der Nachfolge innerhalb der Familie, einer Übernahme durch ehemalige Mitarbeiter, vom möglichen Fremdmanagement bis hin zum Verkauf. Möglich sind zahlreiche Szenarien. Entscheidet sich das Gesamtsystem nach sorgfältiger Analyse und fairen Kommunikationsregeln für ein stimmiges Szenario, ist dies eine Vorraussetzung dafür, dass Unternehmen und Familie den globalen Wettbewerb als Chance erleben.

Tipp für die Spitze: Schaffen Sie einen mentalen Vorsprung!

Die Führung eines Unternehmens ist ein komplexes Thema. Kommt die Führung einer Familie dazu und sind beide Bereiche eng miteinander verzahnt, häufen sich die Herausforderungen. Es müssen drängende Fragen geklärt werden:

  • Wie stellen wir unser Familienunternehmen für die Zukunft optimal auf?
  • Welche Führungskräfte braucht unsere Organisation?
  • Sind wir als Unternehmerfamilie in der Lage, diese Entwicklungen erfolgreich zu begleiten?
  • Wollen wir das überhaupt?
  • Wie entwickelt sich unsere Kostenstruktur?
  • Sind wir für zukünftige Krisen gewappnet?

In der Vergangenheit haben viele  Familienunternehmen vielleicht intuitiv das Richtige getan. Aber ist dieses Bauchgefühl noch zeitgemäß? Sichern daraus resultierende Entscheidungen das Unternehmen für die Mitarbeiter und die nachfolgenden Generationen? Immer wieder den Gesamtkontext zu betrachten und sich auch mit (selbst-) kritischen Fragen zu beschäftigen, zeichnet erfolgreiche Unternehmer/Unternehmen aus. Diese beschäftigen sich in guten Zeiten –  wohl wissend, dass die nächste Rezession unweigerlich kommt – bereits gedanklich mit schwierigen Situationen. Sie setzen sich mit unangenehmen Themen auseinander, bevor sie möglicherweise eintreten. Der mentale Vorsprung (ohne immer nur das Negative zu sehen) verhilft ihnen dazu, vorbereitet zu sein und, wenn andere aufgrund einer wirtschaftlich schwierigen Situation nicht wissen, was zu tun ist, Plan B (oder auch C und D) bereits in der Schublade zu haben. Das Spannungsfeld eines Familienunternehmens ist dabei oftmals die entscheidende Antriebsfeder. Dabei stimmt ein Blick in die Vergangenheit optimistisch: Deutsche mittelständische Familienunternehmer haben erfahrungsgemäß stets das eigene Leben und die Entwicklung des Unternehmens in die Hand genommen – jedweder Widerstände zum Trotz und unabhängig von wirtschaftspolitischen Gegebenheiten. Warum sollte es in Zukunft anders sein? 

Jedes der angesprochenen und zugleich zentralen Themen ist eine Aufgabe für sich und doch kann sich ein Familienunternehmen nur dann erfolgreich wandeln, wenn die einzelnen Bereiche nicht abgekoppelt betrachtet werden, sondern ein ganzheitlicher Weg angestrebt und eingeschlagen wird. Auch aufgrund der familiären Zusammenhänge hat jedes Familienunternehmen eine individuelle Geschichte und bedarf einer spezifischen Lösung. Sehr differenziert muss betrachtet und analysiert werden, was warum wie passiert ist und wie die Reise weitergehen kann. 

Zum Autor:

* Familienunternehmer Norbert Markut gilt als Top-Personalberater der neuen Generation. Seit mehr als 10 Jahren besetzt der unabhängige Wirtschaftsingenieur erfolgskritische Schlüsselpositionen der 1. und 2. Führungsebene nachhaltig und effizient mit Managern/Managerinnen. Mit einem Team renommierter Experten unterstützt er zudem ganzheitlich Organisationen bei Unternehmensnachfolge, strukturierter Nachfolgeplanung, Wachstum Unternehmens-kauf/-verkauf und Restrukturierungen mit dem Ziel, Unternehmenswerte zu erhalten bzw. den Wert eines Unternehmens zu steigern. Weitere Informationen unter Markut Executive Search www.norbertmarkut.de

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