Michael Grinder Michael Grinder

Gruppen lassen sich gut einteilen gemäß ihrer Orientierung auf Probleme oder Menschen. Eine nützliche Analogie liefern dabei Haustiere: in „Hunde“-orientierten Gruppen stehen vorrangig die Menschen im Vordergrund, in „Katzen“-orientierten sind es die Sachprobleme.

Gruppendynamik

Wenn Menschen zum ersten Mal zusammenkommen, bilden sie nicht wirklich eine Gruppe. Das Ziel des verantwortlichen Leiters oder der Leiterin ist es, diese ungeformte Gruppe in eine ausgeformte zu überführen. Wenn die Gruppe noch ungeformt ist, ist die Rolle des Leiters eine ganz andere, als wenn die Gruppe bereits geformt ist. Deshalb muss die Führungsperson in der Lage sein zu erkennen, ob die Gruppe noch ungeformt oder bereits geformt ist, damit sie das angemessene wirkungsvolle Rollenverhalten wählen kann.

Es gibt sechs Indikatoren, die zeigen, wie geformt oder ungeformt eine Gruppe ist:

1. Wohin schaut die Gruppe?
2. Wie schnell ergreift die Gruppe eine Aktivität?
3. Wie schnell richtet die Gruppe ihre Aufmerksamkeit nach einer Aktivität wieder auf den verantwortlichen Leiter?
4. Wie gut kennen sich die Gruppenmit¬glieder?
5. Wer sorgt für Sicherheit?
6. Reagiert die Gruppe einhellig?

Eine ungeformte Gruppe zu leiten erfordert mehr als die Energie des Leiters, denn sie oder er ist die Quelle für Produktivität, Arbeitsmoral und Sicherheit. Eine geformte Gruppe schafft aus sich selbst heraus Produktivität, Arbeitsmoral und Sicherheit.

Unterschiedliche Kulturen zeigen diese Indikatoren in unterschiedlicher Art und Weise. So sind südländische Menschen zum Beispiel oftmals geselliger als die mehr reservierten Menschen aus Norddeutschland.

Gruppen leiten

In den meisten Gruppen gibt es eine Person, die als „Verantwortlicher Leiter” angesehen wird. Diese Person ist mehr Katze als die übrigen Gruppenmitglieder. Die Rolle oder Funktion dieses Leiters hängt von der Kultur der gegebenen Gruppe ab.

Weil in der „Hunde”-Kultur” die Menschen im Vordergrund stehen, versuchen „Hunde”-Gruppen Konflikte zu vermeiden. Der Leiter einer „Hunde“-Gruppe versucht als Moderator Konsens herzustellen, um Harmonie und Arbeitsmoral aufrecht zu erhalten.

Die „Katzen”-Kultur ist eher sachbezogen; deshalb sind „Katzen”-ähnliche Gruppen meist sehr zielorientiert. Der Leiter einer „Katzen”-Gruppe wird versuchen, damit effizienter zu sein, was die Gruppenkultur schon immer geleistet hat – Produktivität.

Es gibt 3 Methoden zur Bestimmung der vorherrschenden Kultur. Diese Methoden geben dem Leiter subtile aber zuverlässige Hinweise, wie er mit einer bestimmten Gruppe erfolgreich sein kann. Gruppen kann man gut mit Ländern vergleichen: wir müssen wissen, in welchem Land wir uns befinden, um die entsprechende Sprache zu sprechen und um zu wissen, welches Verhalten akzeptabel ist. Nur dann können wir Einfluss ausüben.

Beide Kulturen, die Dienst-orientierte Hunde-Kultur wie die Profit-orientierte Katzen-Kultur können gleichermaßen funktionsfähig sein. Aber sie sind grundverschieden.

Ein „Hund” in einer funktionsfähigen „Katzen”-Kultur nimmt diese Gruppe als dysfunktional (nicht funktionierend) wahr, weil sie keine Manieren und Takt besitzt, un¬sensibel mit Gruppenmitgliedern umgeht und sich keine Zeit nimmt, sich umeinander zu kümmern.

Eine „Katze” in einer funktionierenden „Hunde”-Gruppe wird diese als nicht funktionierend wahrnehmen, weil ihnen Effizienz und Effektivität fehlt, nur langsam entscheidet und sich nicht die Zeit nimmt, darauf zu schauen, was unter dem Strich herauskommt.

Es gibt viele Möglichkeiten herauszufinden, welches die Kultur einer Gruppe ist. Michael Grinder beschreibt in „Managing Groups - The Inside Track“ sechs Methoden, alle basierend auf der Metapher der „Katzen”- und „Hunde”-Kultur. Sein Buch „Managing Groups - The Fast Track“ stellt drei dieser Methoden in verkürzter Form vor.

Drei wichtige Fragen

Es gibt zwei besonders herausfordernde Situationen für einen Manager. Die erste ist, wenn der Leiter sich besonders um eine Person kümmert und sich Gedanken macht, wie die Gruppe das auffassen wird. Die zweite ist, wenn der Leiter sich besonders um die Gruppe kümmert und sich Gedanken macht, wie die einzelnen Gruppenmitglieder das auffassen werden.

Um zu verstehen, wie der Leiter oder die Leiterin diese beiden Management Situationen effektiv bewältigen kann, muss er zunächst herausfinden, ob die Gruppe ungeformt oder geformt ist. Ist die Gruppe noch ungeformt, sind die Möglichkeiten begrenzt. Ist die Gruppe bereits geformt, stehen mehr Optionen zur Auswahl.

Es gibt sechs Indikatoren, die den Fortschritt der Gruppe vom ungeformten zum geformten Zustand anzeigen. Die drei wichtigsten Fragen für den Leiter sind:

1. Wohin schaut die Gruppe?
2. Reagiert die Gruppe einhellig? (Das ist  der wichtigste Indikator.)
3. Wie atmen die Gruppenmitglieder?

1. Wohin schaut die Gruppe?

Wohin die Gruppenmitglieder zu Beginn eines Meetings schauen, ist ein Indikator dafür, wie geformt eine Gruppe ist. Wenn die Gruppenmitglieder sich still verhalten, zur Wand oder auf den Boden schauen, dann ist die Gruppe ungeformt. Schauen sich die Mitglieder gegenseitig an und reden miteinander, dann ist die Gruppe geformt. Achten Sie als Beobachter darauf, wohin die Mitglieder schauen und auf den Geräuschpegel.

2. Reagiert die Gruppe einhellig?

Wenn Personen Dinge zur selben Zeit gemeinsam machen, ist dies ein Indikator für guten Gruppenzusammenhalt. „Einhelligkeit“ ist sowohl ein Beleg für gute Gruppenbindung als auch eine Methode, Gruppenbildung herzustellen.

In einer ungeformten Gruppe tendieren die Mitglieder zögerlich auf den Leiter. Einige sind bereit zu kooperativem Handeln, andere nicht. Je weniger die Gruppe geformt ist, desto wahrscheinlicher ist das Fehlen einer einhelligen Reaktion.

Die Einhelligkeit der Reaktion ist der anschaulichste Indikator, dass eine Gruppe geformt ist. Das schließt sowohl Lachen ein als auch sich in Kleingruppenaktivitäten zu begeben, still zu sein und von Pausen zurück zu kommen. Aus Sicht der Gruppendynamik ist es wichtiger, dass die Mitglieder das, was sie tun, gemeinsam machen, als dass sie das tun, was der Leiter will. So ist es zum Beispiel wichtiger, dass die gesamte Gruppe 10 Minuten zu spät vom Mittagessen zurückkommt, als dass die eine Hälfte pünktlich ist und die andere 10 Minuten zu spät.

3. Wie atmen die Gruppenmitglieder?

Ein leicht zu beobachtender Hinweis auf das Maß, wie behaglich sich eine Person fühlt, ist ihr Atmen. Wenn die Mitglieder tief in den Bauch atmen, dann fühlen sie sich sicher. Atmen sie flach in die Brust, dann fühlen sie sich unbehaglich. Der sicherste Anhaltspunkt für eine Gruppe mit gutem Zusammenhalt ist ihr einheitliches Atmen.

Humor ist übrigens die am meisten akzeptierte Methode, um Zusammenhalt zu erzeugen: wir lachen zur selben Zeit, d.h. atmen zusammen aus. Eine weitere Methode für schnellen Zusammenhalt ist Singen, besonders vor einem besonderen Ereignis wie beim Sport.

Wer liefert Sicherheit?

Zu Beginn eines Meetings kennen sich die Teilnehmer oft nicht. Niemand weiß, wer sind die Schlauberger, wer die Störenfriede, wer die ewigen Fragesteller – oder wer die Clowns. In einer ungeformten Gruppe beeinflusst der Leiter die Atmosphäre sehr viel stärker als jede andere Einflussgröße. Um der Gruppe willen muss der Leiter Vertrauen erweckend, souverän und intelligent wirken. Jede mögliche Schwierigkeit muss vom Leiter gelöst werden. Das umfasst sowohl die Umgebung (Temperatur, Arbeitsplätze), als auch Zeitplan, Erwartungen und Personen.

Wenn die Gruppe langsam geformter wird, verschaffen sich die Mitglieder ihre eigene emotionale, physische und geistige Sicherheit. Wenn z. B. die Raumtemperatur nicht Okay ist, werden die Mitglieder den Thermostat betätigen. Wenn der Kaffee nicht in Ordnung ist, wird sich jemand aus der Gruppe darum kümmern. Wenn jemand nicht weiter weiß, werden sich Gruppenmitglieder um ihn kümmern. Wenn es eine unvorhergesehene Störung des Zeitplans gibt, fühlt sich die Gruppe ermächtigt, sich darum zu kümmern.

Aufwärmspiele in ungeformten Gruppen funktionieren nicht immer

Der Grund: „Hunde”-orientierte Menschen sind geselliger als „Katzen”-orientierte. „Hunde“ freuen sich auf solche Kontaktspiele. „Katzen“ weisen die Teilnahme manchmal deutlich zurück, wie man an aktiver oder passiver Weigerung erkennen kann.

Wenn wir unsicher sind, ob alle Teilnehmer an einem Kennenlernspiel teilnehmen werden, ist es sicherer, solche Aktivitäten besonders zu „legitimieren“, z.B. ‚Diese Veranstaltung dauert den ganzen Tag. Sie werden ausreichend Zeit bekommen, mit den Personen aus den unterschiedlichen Regionen zusammen zu kommen, in denen unsere Firma tätig ist. Nehmen Sie die Gelegenheit wahr, um sich gegenseitig kennen zu lernen, damit Sie ihre freie Zeit vernünftig nutzen können. Schreiben Sie auf Ihre Karte Ihren Namen, Ihre Region, Abteilung, wie viele Jahre Sie in der Firma sind und zwei wichtige Fragen, die Sie während dieses Tages besprechen möchten‘.

Im Allgemeinen brauchen Menschen Sicherheit, um teilzunehmen und zu lernen. Solange die Gruppe ungeformt ist, liefert der Leiter diese Sicherheit. Wenn die Gruppe mehr und mehr geformt ist, liefert sich die Gruppe selbst die Sicherheit.

Wenn sich „Hunde” gegenseitig kennen, fühlen sie sich sicher und nehmen stärker teil. „Hunde“ erinnern uns an Äsops Fabel vom Löwen und der Maus: „Keine Freundlichkeit, wie klein sie auch sei, ist jemals vergebens.“ „Katzen“ liefern sich ihre Sicherheit selbst und entscheiden individuell über ihre Art der Teilnahme. „Katzen“ sind wählerisch: sie fragen „Was ist drin für mich?“ Wenn sie einmal wissen, was sie wollen, schätzen sie Effektivität und Effizienz - „Leistung, wie gering auch immer, wird stets geschätzt“.

Zum Autor

Michael Grinder (Jg. 41), gilt heute als einer der weltbesten Trainer, einer der großen Innovatoren im Bildungsbereich und im NLP. Er ist der Experte der nonverbalen Kommunikation und ein Meister der Gruppendynamik. 1941 geboren studierte er Theologie und Pädagogik. In den 70er Jahren übertrug er das von seinem Bruder John Grinder und Richard Bandler entwickelte Neuro Linguistische Programmieren (NLP) auf den Bereich der Pädagogik und wandte dies hervorragende Kommunikationsmodell in seiner Arbeit im Unterricht und später als Trainer und Wirtschaftsberater an. Derzeit ist er als „Associate Professor“ an der University of Oregon und Kalifornien tätig und führt als Spitzentrainer professionelle Seminare zu den Themen „Nonverbale Kommunikation“, „Präsentation“, „Gruppendynamik“ und „Business-Kommunikation“ durch. Michael Grinders Arbeit basiert auf dem Win-Win Modell. Beziehung und Einfluss sind Schlüsselthemen. Als Vorbild lebt er, was er lehrt.

Literatur-Tipps:

  • Michael Grinder: Führung durch Charisma. Eine Analogie von Hunden und Katzen, TWINN-Media 
  • Michael Grinder: Pentimento. Grundsteine der Nonverbalen Kommunikation, TWINN-Media, 2011
  • Absolute Spitzenklasse. Gruppendynamik in Teams und in der Schule, TWINN-Media, 2011
  • Michael Grinder: Schule erster Klasse. Nonverbale Kommunikation im Unterricht, übersetzt von Dolke-Ukat

 

Fortbildungen und weitere Informationen:

Michael Grinders Programme und das „Group Mastery“ werden in Europa (außer UK & Schweden) in Deutschland von der TWINN Consulting & Akademie durchgeführt.

TWINN Consulting & Akademie
Johann Garnitschnig
Ittelshofen 13
91238 Offenhausen/Nbg.

Tel. 09158-998900
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Die Erläuterungen in diesem Artikel stammen aus Michael Grinders neuestem Buch Managing Groups - The Fast Track. Zusammengestellt wurden sie von Hazel-Ann Lorkins von GLD Training Associates in Großbritannien, der Firma, die regelmäßig Veranstaltungen von Michael Grinder im englischsprachigen Raum organisiert. Die Übersetzung lieferte Dr. Wolfgang Weidner von TWINN Consulting und Akademie, die Michael Grinders Veranstaltungen im deutschsprachigen Raum organisiert. 

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