Eberhard Rahn, Falko E. P. Wilms

Das konstruktive Bearbeiten konfliktträchtiger Situationen bedarf der an den Erwartungen des Anderen angepassten Formen des Umgangs mit sich selbst, mit dem Gegenüber und mit den Dingen in der (beruflichen) Welt.

Ausgangspunkt

Die Ratschläge für die Behandlung von Konflikten reichen von der ständigen Kompromiss-Suche  bis hin zur Verfolgung einer eigenen Strategie ohne Reaktion auf den Gegenüber.
Wir glauben, dass eine wirksame Bearbeitung von Konflikten eines konstruktiven, menschlichen Umgangs mit dem Gegenüber bedarf: Wertschätzung ist immer zugleich auch Wertschöpfung!
Das Zeigen guter Umgangsformen erleichtert das Zusammenleben, gerade auch in Konfliktsituationen. Es geht dabei weniger um Verhaltensregeln als um das Wesentliche dahinter: Achtsamkeit , Wertschätzung  und Gelassenheit gegenüber den Menschen und den Dingen in der Welt.
Die sich daraus ergebende Rücksichtnahme und das aufeinander Zugehen bilden insbesondere in „schwierigen“ Situationen der Interaktion und Kommunikation mit (unvertrauten) Gesprächs-, Verhandlungs- und Konfliktpartnern ein konstruktives Band der Verbundenheit über alle Unterschiede hinweg und wirkt bei aller Verschiedenheit der Interessen doch sympathisch und selbstbewusst.
Das Beherrschen von guten Umgangsformen schafft den Freiraum, sich auf den Gegenüber und dessen Gesprächsinhalte zu konzentrieren.
Angemessenes Auftreten wird darüber hinaus von den meisten Beobachtern mit fachlicher und der immer wichtiger werdenden sozialen Kompetenz assoziiert. So bleiben Sie positiv in Erinnerung.

Erwartungen

In diesem Zusammenhang meint Business Behaviour  ein den Erwartungen der Gesprächspartnern entsprechendes Verhalten in beruflichen Alltagssituationen. In den verschiedenen Berufen, Branchen, Regionen und Hierarchieebenen gibt es spezielle, zumeist kulturell beeinflusste und sozial geprägte Erwartungen an die Beteiligten, die man als Führungskraft beherrschen sollte.
Das Erfüllen dieser Erwartungen gilt als Zeichen der Zugehörigkeit zu der Gruppe derer, die in dieser Branche, Region oder Hierarchieebene tätig sind. Daher entscheidet das Zeigen der erwarteten Verhaltensweisen maßgeblich über Erfolg oder Misserfolg in beruflichen Beziehungen.
Insbesondere in Konfliktsituationen kann man, ohne bewusste Erwartungen, niemals sicher sein, wie sich der Konfliktpartner innerhalb eines Problemlösungsprozesses mit hoher Wahrscheinlichkeit verhalten wird. Und ohne Erwartungen, die sich auf die Erwartungen des Gegenübers beziehen (= Erwartungserwartungen), kann man niemals wissen, an welche Erwartungen man sein eigenes Verhalten anpassen soll.
Diese oftmals bemerkbaren Unsicherheiten des Einzelnen bezüglich der Erwartungshaltungen der Anderen erschwert die Orientierung insbesondere in konfliktträchtigen Begebenheiten.

Problembearbeitung

Derartige Unsicherheiten können im betrieblichen Alltag in dem bewussten, sanktionierten Einhalten von stets eingeforderten und mit der Zeit eingeübten sozialen Standards der Kommunikation sowie durch das Befolgen von sozialen Normen des Verhaltens abgefedert werden. Das aufeinander Zugehen ist ein Kern der Führungsarbeit!
Das bewusste Gestalten solcher Standards und Normen ist schon deshalb eine wichtige Führungsarbeit, weil ein beobachtetes Verhalten vom Beobachtenden sehr stark gemäß erlernter Konventionen und (erwarteter) Erwartungen einer bestimmten Bedeutung zugeordnet wird.
Hilfreiche soziale Standards und Normen basieren also im Geschäftsleben und dort insbesondere in Problemlösungsprozessen darauf, dass die Direktbeteiligten

  • zueinander passende Erwartungen und Erwartungserwartungen bilden können.
  • erwartungsgemäße Umgangsformen beherrschen und anwenden können.

Werden beide Bedingungen erfüllt, dann können die einzelnen Handlungen, Verhaltensweisen und Kommunikationen an vorherige Handlungen, Verhaltensweisen und Kommunikationen des Anderen anschließen und sie weiterführen.
Nehmen wir als Beispiel einer Konfliktbereinigung durch Verhaltens-Erwartungen den Fall, dass ein Mitarbeiter eine wichtige Terminarbeit nicht fristgerecht fertiggestellt hat und von seinem Chef zu einem Gespräch geladen worden ist.
Hilfreiche soziale Standards und Normen wären, das direkte Ansprechen von Irritationen, das Aussprechen lassen in einer offenen Kommunikations-Kultur und das Suchen nach einem Interessensausgleich statt des „Runterputzens“ des Anderen. Gelten solche Standards und können die Direktbeteiligten den Anderen und dessen Erwartungen gut einschätzen (bzw. hat sich jeder bemüht, für den Anderen einschätzbar zu sein), kann sich jeder auf das Gespräch gut vorbereiten:

  • Der Mitarbeiter kann sich auf erwartbare Fragen einstellen und erklärende Antworten sowie evtl. nötige Belege bereitstellen.
  • Der Chef kann sich auf erwartbare Erklärungen der aufgetretenen Schwierigkeiten einstellen und evtl. unterstützende Hilfen für die Zukunft erkunden.
  • Beide können voneinander wertschätzende, freundliche Umgangsformen erwarten.

So werden die Konfliktparteien ohne Kränkungen dafür sorgen, dass entstandene Irritationen geklärt und ähnliche Vorkommnisse zukünftig ohne negativen Beigeschmack verhindert werden.
Im Konfliktgespräch kommt es unter diesen Rahmenbedingungen im Kern zu einem Weiterführen von Gedanken-, Erwartungs- und Verhaltenssträngen, ohne sich festzubeißen. Es kommt zu einer stabilen sozialen Situation, die eine tragfähige Lösung möglich macht.
Insbesondere für das Vorankommen in den verschiedenen Netzwerken  ist es unabdingbar, die von den jeweiligen Netzwerkpartnern erwarteten Verhaltensweisen und die dazugehörigen kulturellen Codes zu kennen, zu deuten und selber auch zeigen zu können. (Siehe die aufstrebende asiatische Geschäftskultur und -praxis.) Ohne die Aneignung und die praktische Umsetzung dieser Fähigkeiten bleibt jedem ein langfristiger Zugang zu wirklich bedeutsamen Netzwerken verschlossen.

Umgangsformen

Welche Komponenten sind nun für erwartungsgemäße, „gute“ Umgangsformen unerlässlich? Im Kern geht es um die eigenverantwortliche Entfaltung der eigenen Denk- und Verhaltensmöglichkeiten mit dem Ziel, sich vorbildhafte Umgangsformen anzueignen und im Sinne des Respekts dem Anderen gegenüber und des daraus resultierenden konstruktiven Miteinanders einzusetzen: Umgangsformen mit sich selbst, mit den Mitmenschen, mit den Dingen der (betrieblichen bzw. beruflichen) Welt.
Es geht um den eigenen grundlegenden Auftritt an sich. Dann geht es um Formen der angenehmen Begrüßung und Verabschiedung. Ferner kommen Aspekte der Kommunikation mit Geschäftspartnern zum Tragen. Insbesondere das Verhalten bei Geschäftsessen kommt in Betracht. Und nicht zuletzt geht es um den souveränen Umgang mit (eigenen!) Pleiten, Pech und Pannen.

Fazit

Ein konstruktives Bearbeiten konfliktträchtiger Situationen bedarf nachhaltiger Formen des direkten Gespräches. Hierbei sind die gezeigten und erwarteten Umgangsformen von entscheidender Bedeutung und in ihren positiven Wirkungen auf die Optimierung der internen Wertschöpfungs-Architektur kaum zu überschätzen. Es bleibt dabei: Wertschätzung ist Wertschöpfung!

Die Autoren

Eberhard Rahn ist seit 2009 Managementberater auf den Gebieten Business Behaviour, Stil & Etikette sowie Personal- und Interimsmanagement.
erberatung@aol.com

Dr. Falko E. P. Wilms ist Hochschullehrer und Berater auf den Gebieten Business Behaviour, Change Management und Entscheidungsfindung.
falko.wilms@fhv.at

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