Cay von Fournier Cay von Fournier, SchmidtColleg, Berlin und St. Gallen*

Engpass Führung in anspruchsvollen Zeiten

Mit Mitarbeitern wirken – wertvolle Unternehmen schaffen

von Dr. Dr. Cay von Fournier, SchmidtColleg AG, St. Gallen *

Vielfach wird Führung und Management synonym verwendet als seien es zwei Wörter mit gleicher Bedeutung. Dabei beschäftigt sich das Management mit der Organisation und den Kostenstrukturen in einem Unternehmen und schafft eine finanzielle Ordnung – Führung hingegen definiert die Beziehung der Unternehmer und Führungskräfte zu ihren Mitarbeitern. Und da hapert es in vielen Unternehmen: Qualitativ gute Führung ist ein Engpass, weil sich Unternehmer und Führungskräfte in erster Linie auf Managementaufgaben konzentrieren (müssen) und so zu wenig Zeit für Führung haben. Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann bringt es auf den Punkt: „ Führen heißt doch nicht, einsame Entscheidungen zu treffen und sie, wie früher, durch einen Trommler am Hauptplatz nur noch bekannt zu geben.“ Wenn gute Führung nicht mit Management oder sogar dem Ausspielen von Macht verwechselt werden soll, was ist dann Führung?

Beim Führen von Unternehmen spielen fünf Gesichtspunkte eine entscheidende Rolle: Ein optimales Zeitmanagement sowie ein grundsätzlich positives Menschenbild des Unternehmers sind Voraussetzungen für die Führung und Motivation von Mitarbeitern. Veränderungen in Betrieben funktionieren nur, wenn sie gemeinsam mit den Mitarbeitern bewirkt werden. Der Umgang mit Stress und Konflikten sollte konstruktiv sein und – last but not least – geht es um die Mitarbeitergespräche, die von vielen Führungskräften effektiver geführt werden könnten, sofern sie überhaupt stattfinden.

1. Zuerst sich selbst organisieren

Überstunden, Hektik und Stress gehören vielfach zum Alltag von Führungskräften, ab einer gewissen Ebene in der Hierarchie scheinen sie sogar systemimmanent zu sein. Woran liegt das? Zum einen ist die Organisation in vielen mittelständischen Betrieben nicht optimal ausgerichtet und bietet damit viele Möglichkeiten für Veränderungen. Zum anderen schaffen es viele Führungskräfte einfach nicht, loszulassen. Sie übertragen Verantwortung ungern, weil sie glauben, dass ihre Mitarbeiter die Aufgaben nicht so gut umsetzen wie sie selbst. Zudem fürchten manche Machtverlust, wenn sie wichtige Dinge delegieren. Ein konkreter Tipp kann und muss hier lauten: Arbeiten Sie mehr an Ihrem Unternehmen und weniger in Ihrem Unternehmen! Dann bekommen Sie etwas sehr Wertvolles, das Sie brauchen, um Ihr Unternehmen gut führen zu können: Zeit. Unternehmer, die ihre eigene knappe Zeit im Griff haben, schaffen damit die Voraussetzung, um den wichtigsten Faktor eines Unternehmens (weiter) zu entwickeln: die Mitarbeiter!

2. Mitarbeiter führen und motivieren

Früher wurden Maschinen als Investition betrachtet, Mitarbeiter als Kosten. Die größten Produktivitätsschübe haben dazu geführt, dass sich die Konstellation gedreht hat. Werner Niefer, der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Mercedes Benz AG, bestätigt den Wandel: „ Meine wichtigste Erfahrung als Manager ist die Erkenntnis, dass die Mitarbeiter das wertvollste Gut eines Unternehmens sind und damit auch das wichtigste Erfolgskapital. Es sind nie Computer, Roboter, technische Einrichtungen, die zu einem Ziel führen, sondern immer Menschen, die Konzepte zustande bringen.“

Gerade in schwierigen Zeiten ist die Angst steter Begleiter der Menschen in den Unternehmen. Angst lähmt und das ist das Letzte, was ein Betrieb brauchen kann - vor allem in der derzeitigen Krise. Es steht schlecht um die Stimmung in Unternehmen: Neun von zehn Beschäftigten in Deutschland fühlen sich laut der aktuell veröffentlichten Gallup-Studie 2009 kaum an ihr Unternehmen gebunden. Danach machen knapp zwei Drittel Dienst nach Vorschrift. Zwanzig Prozent haben innerlich bereits gekündigt. Lediglich 13 Prozent der Beschäftigten verspüren eine echte Verpflichtung gegenüber ihrem Unternehmen und arbeiten hoch engagiert.

3. Veränderungen miteinander bewirken

Unternehmen verändern sich ständig, im Moment zwingt die Wirtschaftskrise viele Unternehmen, neue Wege zu gehen. Veränderungen, die von oben verordnet werden, funktionieren meist nicht. Die Zeichen der Widerstände bei den Mitarbeitern fangen bei Unlust an, gehen über Desinteresse und erhöhtem Krankenstand bis hin zur Sabotage. Gute Führungskräfte entwickeln und vereinbaren Veränderungen zusammen mit ihren Mitarbeitern: Es werden klare Ziele formuliert, Maßnahmen gemeinsam erarbeitet, die Organisation festgelegt und die Menschen mitgenommen.

Durch offene Informationen und das Einbeziehen der Mitarbeiter in die Überlegungen sowie eine Kultur, die Rückmeldungen ermöglicht und berücksichtigt, können Führungskräfte Vertrauen und Rückhalt fördern. Wenn Umstrukturierungen miteinander entwickelt und beschlossen werden, dann fühlen sich Mitarbeiter nicht übergangen und stehen hinter der Vereinbarung. Vertrauen ist nicht das Ziel guter Führung, sondern deren Ergebnis!

4. Sich mit Stress und Konflikten auseinander setzen

Ein gutes Betriebsklima ist nicht mit permanenter Harmonie zu verwechseln. In vielen Unternehmen werden Auseinandersetzungen als Störfaktor empfunden, die die Arbeit behindern, Zeit kosten und die Atmosphäre vergiften. Eines wird dabei häufig vergessen: Konflikte gehören zum Unternehmensalltag, sind systemimmanent und an und für sich kein Problem. Erst die Unfähigkeit der Menschen, mit Konflikten konstruktiv umzugehen, macht ein Problem daraus. Viele Mitarbeiter und auch Führungskräfte gehen Auseinandersetzungen aus dem Weg und empfinden Kollegen, die ihre Meinung äußern, als unangenehm. Ein Unternehmen ist kein Ort mit permanenter Harmonie. Die Kollision verschiedener Interessen ist zwangsläufig. Vom ehemaligen Konzernchef von IBM, Thomas J. Watson stammen die folgenden Sätze: „Ich zögerte nie, einen Mitarbeiter zu befördern, den ich nicht mochte. Der bequeme Assistent, der nette Kerl, mit dem man gern zum Angeln geht, kann einen den Kopf kosten. Ich suchte stattdessen raue, barsche, ja fast unhöfliche Leute aus, die die Dinge so sehen, wie sie wirklich sind, und sie auch beim Namen nennen. Wer viele solcher Leute um sich schart und sich die Mühe macht, sie auch anzuhören, kann vieles weiterbringen.“ Eine Unternehmenskultur sollte also Raum auch für „unbequeme“ Mitarbeiter lassen, vorausgesetzt es sind Führungskräfte an Bord, die mit hoher Sozialkompetenz vermögen, bei Konflikten zwischen den verschiedenen Positionen zu vermitteln.

5. Mitarbeitergespräche führen

Unternehmer und Führungskräfte führen im Laufe eines Jahres mit ihren Mitarbeitern eine Vielzahl von Gesprächen: über Kunden, aktuelle Vorgänge, eine anstehende Urlaubsvertretung oder die Ziele, die erreicht werden sollen. Darüber hinaus ist es jedoch enorm wichtig, einmal im Jahr ein formalisiertes Mitarbeitergespräch durchzuführen. Dabei geht es vordergründig um Orientierung und Entwicklung, weniger um Beurteilung und Bewertung der Leistungen des Mitarbeiters. Nicht ein „Zeugnis“ über das vergangene Jahr ist das Thema, sondern der Blick in die Zukunft. Im ersten Teil des Gespräches sollten Führungskräfte den Mitarbeiter zu Wort kommen lassen: Im Rahmen der Standortanalyse zeigt er seine persönliche Situation auf, danach bespricht die Führungskraft mit ihm die Entwicklungskriterien. Daraus ergeben sich Unterstützungsmaßnahmen (Fortbildungen, Trainings u. a.) für das kommende Jahr. Das Gespräch wird abgeschlossen, indem die Zielvereinbarungen (qualitativ wie quantitativ), Schulungs- und Entwicklungsmaßnahmen sowie wichtige Anmerkungen aus dem Gespräch festgehalten werden. Das Gesprächsprotokoll sollte – nach getrennter Durchsicht – von beiden Gesprächsteilnehmern unterzeichnet werden.

Leider gibt es nur in wenigen mittelständischen Unternehmen solche regelmäßigen Gespräche. Anders bei der Intergruppe in Bonn, wie Geschäftsführer Andreas Denk beschreibt: „ Führung heißt für mich, Orientierung zu geben. Wichtigstes Werkzeug dafür sind regelmäßige Mitarbeitergespräche. Dadurch gelingt Führung auf gleicher Augenhöhe. Unternehmer müssen Ziele erarbeiten und Visionen vorgeben, Führungskräfte gemeinsame Spielregeln festlegen und anhand von Orientierungsgesprächen die Erreichung der Ziele konsequent verfolgen.“

Eine Unternehmenskultur entsteht durch die gemeinsamen Erfahrungen und ist nur sehr langsam und gezielt zu verändern. Sie kann nicht per Dekret von oben verordnet werden, sondern muss vorgelebt werden. Um Werte wie Ruhe und Gelassenheit, Zielstrebigkeit, Offenheit und Gerechtigkeit vorleben zu können, müssen sich Führungskräfte Zeit für ihre Mitarbeiter nehmen. Sie sind das Kapital der Zukunft.

 

 

* Dr. Dr. Cay von Fournier ist seit seinem 22. Lebensjahr Unter­nehmer. Zudem ist er Arzt und Trainer für Unternehmensführung. Der promovierte Mediziner und Wirtschaftswissenschaftler lernte vor 20 Jahren das Führungssystem „UnternehmerEnergie“ des SchmidtCollegs kennen und wendete es erfolgreich in seinem Unternehmen an. Seit 2002 ist er Eigentümer des SchmidtColleg (www.schmidtcolleg.de) und widmet sich ganzheitlicher Unter­nehmensführung und praktischem Gesundheitsmanagement.

Weitere Infos erhalten Sie unter www.schmidtcolleg.de oder per Email info@schmidtcolleg.de

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