gerhard krebs Gerhard Krebs

Friesenpferde und Führungskräfte

Pferdegestütztes Managementtraining in Deutschland

Gerhard J. Krebs

HorseDream gehört weltweit zu den Pionieren der pferdegestützten Aus- und Weiterbildung. Mit dem Konzept arbeiten inzwischen mehr als 110 lizenzierte Partner und rund 300 weitere Trainerinnen und Trainer in Europa, im Nahen Osten, in Nord- und Südamerika und in Australien. Im August dieses Jahres wird das Konzept in Deutschland 17 Jahre alt.

Es begann im August 1989 mit einem Reiterurlaub auf dem Müllerhof in Tirol. Danach folgten sechs Jahre intensiver Beschäftigung mit Pferden. Neben den EDV-Kursen, die wir damals mit unserem kleinen Unternehmen veranstalteten, entwickelte sich 1996 eine vollkommen neue Seminaridee. Aus der Idee wurde ein Plan, eine neue Firma und im darauf folgenden Jahr ein Seminarprogramm. Nach einer einjährigen internen Testphase fand Anfang 1998 das erste offene „Managertraining mit Pferden“ statt. Es war überschrieben mit „Motivation – zusammen ein Ziel erreichen“.

Das Echo war geteilt. Während die Seminarteilnehmer begeistert nach Hause fuhren, hielten die Seminarprofis Abstand. Den ersten Durchbruch brachte die Seminarreportage von Bärbel Schwertfeger - eine der bekanntesten (und meist gefürchteten) Seminarkritikerinnen - in der Zeitschrift „wirtschaft & weiterbildung“ im April 1999. Den zweiten Anschub erfuhren wir anderthalb Jahre später durch einen Artikel der Journalistin Dagmar Deckstein „Bosse findet manchen Manager nur zum Wiehern“ auf einer dreiviertel Seite im Wirtschaftsteil der Süddeutschen Zeitung. Der Untertitel lautete: „Die Wiederentdeckung der Intuition“.

Buch und Film „Der Pferdeflüsterer“ und Monty Roberts' „Der mit den Pferden spricht“ machten dann eine breite Öffentlichkeit auf ein Thema aufmerksam, für das tatsächlich aber bereits seit 1993 Klaus Ferdinand Hempfling, beginnend mit seinem Buch "Mit Pferden tanzen", die Grundlagen aufbereitet hatte.

Fritz Hendrich stellte im Herbst 2003 mit seinem Buch „HorseSense“ erstmals „Führungskräfteentwicklung mit Pferden“ aus der Sicht des professionellen Führungskräftetrainers und Unternehmensberaters dar. Im Juli 2004 erschien in den USA unter demselben Titel „Horse Sense“ ein Buch von Ariana Strozzi, der amerikanischen Pionierin für "Equine Guided Education", wie sie es nennt.

Im August 2004 gründeten wir die European Association for Horse Assisted Education (EAHAE) als Plattform für pferdegestützte Seminaranbieter. In den Anfangsjahren ging es darum, europaweit die Idee zu verbreiten, pferdegestützte Weiterbildung zu einem normalen Bestandteil der Führungskräfteentwicklung in allen Unternehmen und Institutionen zu machen. Jeder, der sich für dieses Thema interessierte, konnte Mitglied werden. Seit 2005 findet jährlich eine Konferenz statt, fünf davon in Deutschland, wo rund 40 Prozent der Mitglieder sind, die anderen in Wien, Warschau und Windsor. Ort der 9. Jahreskonferenz im September 2013: Cleveland, Ohio, zum ersten Mal also in den USA.

Seit der Konferenz in Warschau 2008 werden an die EAHAE Mitgliedschaft neue Maßstäbe angelegt. Wir unterscheiden zwischen „Qualified Members“ („Qualifizierte Mitglieder“) und „Friends“ (Freunde). Die qualifizierte Mitgliedschaft setzt ein Train-the-Trainer-Seminar voraus, das nun bereits in Deutschland, Österreich, der Schweiz, England, Frankreich, den Niederlanden, Belgien und Polen veranstaltet wird. Von den heute 250 Mitgliedern haben 210 das Seminar absolviert. Qualifizierte EAHAE Mitglieder dürfen das EAHAE Tagesseminar „Die Kunst der Führung“ durchführen. Diesem Seminar liegt das HorseDream Konzept zu Grunde. Es basiert auf einer fein abgestimmten Balance zwischen praktischem Erlebnislernen und theoretischem Transfergespräch.

Warum ist diese Trainingsform einerseits so attraktiv und gleichzeitig so effektiv?

Pferde besitzen Eigenschaften und instinktive Verhaltensweisen, die den Menschen innerhalb kürzester Zeit auf das für ihn Wesentliche bringen können. Das Thema ist „Reduktion“. Es heißt, viele Bereiche unserer Gesellschaft und viele Unternehmen seien „overmanaged but underled“. Für die Führung von Unternehmen und von Mitarbeitern braucht man möglicherweise nicht weniger Management aber auf jeden Fall mehr Führung und mehr Visionen.

Im Pferd sind Realität und Vision auf einzigartige Weise miteinander verbunden. Wenn der Mensch  zusammen mit dem Pferd lernt, ist seine Konzentration, seine Präsenz, seine Bewusstheit zu einhundert Prozent gefordert. Das Pferd ist also ein absolut reales Wesen. Auf der anderen Seite verbinden sich seit Jahrtausenden mythologische Vorstellungen mit dem Pferd - das Pferd selbst ist ein Mythos, ein Traum, eine Vision. Das HorseDream Konzept bringt Realität und Vision zusammen.

In den vergangenen Jahrhunderten wurden alle Führungskräfte mit Hilfe des Pferdes ausgebildet. Der Umgang mit ihm fördert Mut, Kraft, Kreativität und Risikobereitschaft aber gleichzeitig Verantwortungsbewusstsein, Zuverlässigkeit, Geduld und Zielstrebigkeit – und er lehrt Demut.

Die Friesenpferde auf Gut Klein Nienhagen nahe der Ostseeküste, wo HorseDream seit Oktober 2008 eingemietet ist, leben in einem Gruppenverband im Offenstall. Sie sind weder für Zirkusübungen dressiert noch im Sinne einer leistungsorientierten Sportreiterei ausgebildet worden. Sie sind offen für alles Neue und für jeden neuen Teilnehmer. Sie erwarten Achtung, Respekt und Anerkennung. Sie reagieren auf Motivation, Lob und Vertrauen.

Das einzelne Pferd verkörpert Stolz, Kraft, Schönheit, Freiheit, Mut und Energie genauso wie Sensibilität, Vorsicht und die ständige Bereitschaft zur Flucht. Es ist bereit, dem Menschen zu dienen und es tut dies sowohl aus der Position des Bevormundeten wie aus der Haltung vollständiger Freiwilligkeit. Die Gruppe von Pferden vermittelt darüber hinaus das Gefühl von Schutz und Geborgenheit, Zusammengehörigkeit und Kooperation, Selbstbewusstsein und Zufriedenheit.

„Wie habt ihr eure Pferde ausgebildet? Warum sind sie so, wie sie sind?“

Wir werden oft von den Seminarteilnehmern gefragt: „Wie habt ihr eure Pferde ausgebildet? Warum sind sie so, wie sie sind?“ Unsere Antwort: „Es handelt sich nicht um eine Ausbildung im üblichen Sinne. Wir schulen die Pferde nicht für die speziellen Aufgaben. Aber wir schulen sie bezüglich ihres Verhaltens und das heißt: ihr Verhalten ist Ergebnis unseres ganz normalen Umgangs mit ihnen. Insofern ist die Ausbildung eher Ergebnis einer Haltung gegenüber den Pferden, als eines Trainings.“

Dazu ein paar Hinweise als Erklärungen - nicht als Empfehlungen: Unsere Pferde werden gemeinsam in der Gruppe gehalten. Sie werden nicht im Schulbetrieb oder Reitunterricht eingesetzt. Wir fördern wo immer es geht ihr Selbstbewusstsein. Wir überlassen ihnen Entscheidungen, so oft es geht. Wir erwarten keinen Gehorsam wo es nicht zwingend notwendig ist. Aber: wir setzen uns durch wenn es notwendig ist.

HorseDream 2Pferde 1

Es gibt aber natürlich ein paar Dinge, die wir ständig mit unseren Pferden trainieren, nämlich alles, was mit Sicherheit zu tun hat. Denn Sicherheit im Seminar steht an erster Stelle: die physische Sicherheit für Mensch und Pferd genauso wie die emotionale Sicherheit, ohne die das „Erlebnislernen“ nicht möglich ist.
Im Laufe der vielen Seminare haben sich die Pferde immer weiter entwickelt. Und so werden sie von uns nicht als „Co-Trainer“ oder „Lernpartner“ betrachtet. Vielmehr werden sie zusammen mit den Teilnehmern in eine Situation gestellt, in der sie selbstständig agieren können. Das macht sie für uns zu den eigentlichen Trainern des Seminars. Wir selber treten didaktisch in den Hintergrund.

Ein paar Anwendungsbeispiele:

Führung

HorseDream GruppePferd 1

Führungskräfteentwicklung ist im besten Falle eine langfristig angelegte Maßnahme. Ein großer Teil davon findet üblicherweise im Seminarraum statt. Ein Training mit Pferden emotionalisiert erlerntes Wissen und praktische Erfahrung und macht beides auf intuitiver Ebene nutzbar. Man erhält dadurch die Möglichkeit, das theoretisch Gelernte zu verinnerlichen. Ein Teilnehmer hat das einmal „Führung pur“ genannt, eine Teilnehmerin sagte: „Bisher habe ich über Führungstheorien viel gelesen, heute habe ich Führung gefühlt“.

Teamentwicklung

Überall wo Leute zusammenarbeiten (sollen), gibt es immer wieder Störungen, die Zeit und Energie kosten. Sie können von außen, aber auch von innen kommen. Überall wo Teams neu zusammengesetzt werden, dauert es eine gewisse Zeit, bis Vorbehalte ausgeräumt sind und Vertrauen aufgebaut ist.

Pferdegestützte Seminare stellen eine nahezu einzigartige Lernumgebung zur Verfügung, in der  Teams in extrem kurzer Zeit zusammenwachsen können. Dabei führt das HorseDream Konzept die Teammitglieder durch die vier Phasen des Teamentwicklungsprozesses nach Tuckman: Forming, Storming, Norming, Performing. Christoph V. Haug hat das ins Deutsche übertragen: Testphase, Nahkampfphase, Organisationsphase, Arbeitsphase.

HorseDream GruppePferd 2

In der Testphase ist der Umgang miteinander höflich, unpersönlich, gespannt und vorsichtig. In der Nahkampfphase gibt es unterschwellige Konflikte, Konfrontation der Personen, Cliquenbildung, mühsames Vorwärtskommen. Die Organisationsphase entwickelt neue Umgangsformen und Verhaltensweisen, ermöglicht konstruktives Feedback und die Konfrontation der Standpunkte anstatt der Personen. Die Arbeitsphase endlich ist ideenreich, flexibel, solidarisch, leistungsfähig und hilfsbereit.

Im pferdegestützten Teamtraining durchlaufen die Teilnehmer diese vier Phasen in eineinhalb oder zwei Tagen. Im Teambildungsprozess ist das Training sozusagen mit  einer „Impfung“ vergleichbar: die Symptome des Teamentwicklungsprozesses werden in abgeschwächter Form vorweg genommen. Die Pferde wirken dabei nach unseren Erfahrungen wie emotionale Brücken zwischen den Menschen, in interkulturellen Trainings sogar wie Brücken zwischen den Kulturen und Religionen.

Projektarbeit

Projekte basieren zumeist auf sachlicher Planung und Kalkulation. Die Arbeit in einem Projekt wird dann allerdings sehr oft von Emotionen beeinflusst, die vielleicht durch Neid, Missgunst, Besserwisserei und Rechthaberei oder einfach nur durch Unachtsamkeit ausgelöst werden. Durch einen pferdegestützten Projektworkshop kann in zwei Tagen eine Atmosphäre der Kooperation, Kreativität, Flexibilität, der Selbstsicherheit und des Zielbewusstseins entstehen. Und daraus erwachsen noch während der Arbeit mit den Pferden neue Ideen, gegenseitiges Verständnis und Wohlwollen.

Kommunikation

Kommunikation scheitert oft an Missverständnissen. Weil die Verbindung nicht vernünftig zustande kommt. Weil Informationen ausgetauscht werden, bevor man den richtigen Draht zueinander gefunden hat. Insofern macht es Sinn, pferdegestützte Trainings als emotionales Highlight in jede mittel- oder langfristige Weiterbildungs-, Entwicklungs- und Kommunikationsmaßnahme zu integrieren. Alle unsere Erfahrungen mit dieser Kombination zeigen: die Seminarleiter, Coachs und Teilnehmer, so skeptisch manch einer zu Anfang auch gewesen sein mag, sind begeistert. Und die Begeisterung wird weiter getragen, hinein in den nachfolgenden „normalen“ Ablauf der Veranstaltung.

HorseDream video1 Pferde als Trainer (YouTube-Video, 00:53)

HorseDream video2 Pferdegestütztes Führungs- und Teamtraining (YouTube-Video, 13:03)

Autor:

Gerhard J. Krebs M.A. (Jg. 1949) studierte Politikwissenschaft, Literatur und Sprachen an der Universität Hamburg, arbeitete als Geschäftsführer im Bereich der Neuen Medien und als Manager und Consultant eines großen Internetunternehmens. 1996 gründete er zusammen mit seiner Frau Karin die G&K HorseDream GmbH und 2004 die European Association for Horse Assisted Education (EAHAE). Er lebt mit seiner Frau, fünf Pferden und drei Hunden seit 2008 auf dem Gut Klein Nienhagen, 20 Minuten von den Ostseebädern Kühlungsborn und Heiligendamm entfernt und gibt neben offenen Seminaren und firmeninternen Trainings sein Know-how an eine internationale Trainer-Clientel weiter.

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