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Kommunikation und Zusammenarbeit

Grundlagen der Kommunikation mit der Umwelt

Prof. Dr. Falko Wilms

Unternehmen können nicht kommunizieren. Die Umwelt kann nicht kommunizieren. Wenn eine Kommunikation zwischen Unternehmen und Umwelt gelingen soll, dann bedarf es Personen. Das Personal einer Unternehmung kann nur durch Kommunikationen mit Repräsentanten von Stakeholdern mit der Umwelt kommunizieren. Die Tragfähigkeit der Stakeholder-Beziehungen sind dabei ein Maß der Umweltkommunikation eines Unternehmens.Ausgangspunkt.

Ausgangspunkt

Unter dem Begriff ökologische Krise werden viele Phänomene zusammengefasst, bei denen das heutige wirtschaftliche Handeln massive Zerstörungen hervorruft und die Lebensgrundlagen von Menschen und Gesellschaften gefährdet. Das Grundproblem ist, dass die größtenteils profitorientierte Produktion von Gütern und Dienstleistungen die Belange der Umwelt nur äußerst unzureichend berücksichtigten kann.

Bemühungen um eine bessere Ökologieorientierung erfolgen durch gesetzliche Ge- und Verbote, durch die Definition von speziellen Eigentumsrechten und handelbaren Zertifikaten oder durch Anreize mit Subventionen und Steuern. Setzt man jedoch vornehmlich auf marktkonforme Maßnahmen, gilt: Wer zahlt, sagt an (Shareholder Value) und wer mehr zahlt, sagt durchsetzungsstärker an. Die Umwelt zahlt aber nicht mit Geld, sondern mit einer Klimaveränderung. Diese Veränderung wird maßgebliche Kosten verursachen.

Unternehmen und Umwelt

Das systemorientierte Verständnis benutzt die Unterscheidung zwischen Unternehmung und Umwelt keinesfalls als räumliche Trennung von zwei Verschiedenheiten. Stattdessen wird davon ausgegangen, dass die Entscheidungsträger einer Unternehmung in ihrem Denken und Kommunizieren interne Ereignisse, Prozesse oder Operationen von externen Ereignisse, Prozesse oder Operationen unterscheiden.

Die Zuordnung von intern/extern passiert in den Kommunikationen in und von Entscheidungen.

Unternehmen sind juristische Personen. Sie denken nicht, beobachten nicht, entscheiden nicht, kommunizieren nicht. Kurzum: Unternehmen können nicht handeln. Es sind die einer Unternehmung zuzuordnenden Personen, die handeln.

Die Kommunikationen der Handelnden Personen haben Regelmäßigkeiten, die dem Beobachter bestimmte Interpretationen und Entwicklungen wahrscheinlicher erscheinen lassen als andere. An diesen regelmäßig zu beobachtenden Gewohnheiten der einer bestimmten Unternehmung zuordbaren Personen und den sich daraus ergebenden Resultaten ist diese Unternehmung zu erkennen und von der Umwelt zu unterscheiden.

Genau hier knüpft das St. Galler Management-Modell an. Sein wiss. Grundlagewerk[1] ist durchgehend kommunikationszentriert und geht von drei kommunikativen Kategorien aus:

  • Umwelt umfasst Kommunikationen über Ansprechpartner für benötigte Ressourcen
  • Organisation umfasst Kommunikationen über unsere derzeitige arbeitsteilige Zusammenarbeit
  • Management umfasst Kommunikationen über die Weiterentwicklung unseres Vorgehens

Der grundsätzliche gemeinsame Nenner dieser nicht trennscharfen, sich überlappenden kommunikativen Kategorien ist das wertschöpfungsorientierte Denken zum Zwecke des Generierens von Nutzen, für die Kunden zu zahlen bereit sind. Das Zusammenspiel der drei grundlegenden kommunikativen Kategorien zeigt Abb. 1.[2]

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Abb. 1: Kommunikative Kategorien im St. Galler Management-Modell von 2017

In Unternehmungen sind vielfältige Kommunikationen zu verarbeiten. Kunden und Lieferanten sind zufrieden zu stellen. Kapitalgeber und Konkurrenten sind zu beachten. Es sind die veröffentlichten Themen in den Medien zu beobachten. Die Belegschaft ist zu fördern und der (gesetzgebende) Staat ist zu befriedigen. Insofern existieren viele Anspruchsgruppen mit den ihnen gewohnten Rationalitäten[3] in der Kommunikation.

Auf die von ihnen kommunizierten Anliegen, Interessen und Erwartungen haben zumindest die Personen einzugehen, die die Unternehmung nach außen repräsentieren. Dabei sind durchaus mehrere, zum Teil stark divergierende Ziele gleichzeitig zu verfolgen. Insofern sehen sich die Akteure einer Unternehmung verschiedene bedeutenden Umwelten gegenüber.

Die Akteure unterscheiden die Unternehmung und ihre Umwelten anhand der gewohnheitsmäßig erkennbaren Kommunikationen (in und von Entscheidungen) und ihrer Ergebnisse. Genau das zeigt die aktualisierte Version des St. Galler Management-Modells von 2019 auf.

An das traditionelle BWL-Wissen und seiner Versprachlichung anknüpfend, werden alle oben angeführten Anspruchsgruppen als Umwelten einer Unternehmung erfasst und generelle Umweltsphären (Oberthemen von regelmäßigen Kommunikationen) modelliert.

In einer Aufgabenperspektive wird dabei die fachinhaltlich zweckmäßige Bearbeitung von Aufgaben und Problemen der Wertschöpfung im Zusammenspiel von Umwelt, Organisation und Management mit grundlegenden Erkenntnissen der traditionellen BWL dargelegt. In einer Praxisperspektive werden dann die nötigen Voraussetzungen für wirksames und verantwortungsbewusstes Management anhand von Facetten aus der Systemtheorie und der Praxistheorie entfaltet.

In der Aufgabenperspektive[4] wird gezeigt, dass bei der Gestaltung von Wertschöpfungsprozessen die Wirksamkeit des Managements immer schon vorausgesetzt wird. Eine Voraussetzung ist, die Unternehmung und ihre Umwelt als Gesamtzusammenhang anzusehen. Die Akteure können die Umwelt des Unternehmens nur mit tragfähigen Stakeholder-Beziehungen erschließen: Wesentliche Erwartungen/Interessen dieser Repräsentanten der Umwelt werden hier ebenso kommunizierbar wie Möglichkeiten der Verfügbarkeit von Ressourcen. Insofern besteht die Unternehmung im Kern aus dem bewusst zu gestaltenden Kommunikationen über interne und externe Ereignisse, Prozesse oder Operationen; hierbei sind die Stakeholder keinesfalls zu ersetzen!

Die Praxisperspektive[5] modelliert Management im Kern als Gestaltung von reflexiven Kommunikationen. Sie sind nach internen (z. B. eigene Fabrikationstechnik) und externen Kontexten (z. B. Fabrikationstechnik der Konkurrenz) auszurichten. Insbesondere der kommunikative Aufbau und die Pflege tragfähiger Stakeholder-Beziehungen stehen im Zentrum. Nur durch Kommunikationen mit Repräsentanten der Stakeholder kommen das Personal einer Unternehmung mit den Umwelten in Kontakt. Tragfähige Stakeholder-Beziehungen sind durch nichts zu ersetzen. Das Zusammenspiel von Umwelt, Stakeholder und Kategorien der internen Kommunikationen zeigt Abb. 2.[6]

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Abb. 2: Das St. Galler Management-Modell von 2019

Der Umwelt aus der Krise helfen

Nimmt man die systemorientierte Betrachtung des St. Galler Management-Modells ernst, dann ergeben sich Möglichkeiten für positive Beiträge für einen Umgang mit der ökologischen Krise. Damit die Unternehmensführung die Belange der Umwelt zumindest hinreichend berücksichtigten kann, ist der Fokus auf die Stakeholder zu legen. In deren Kommunikationen sind umweltorientierte Anliegen, Interessen und Erwartungen adressierbar.

Stakeholder können eine bessere Umweltverträglichkeit als deutliches Anliegen, Interesse und Erwartungshaltung kundtun und mit ihren, für die Unternehmensführung bedeutsamen Kommunikationen diesbezüglich Resonanzen erzeugen. Beispielhafte kommunikative Vorgehensweisen von Stakeholdern für ein umweltbewussteres Tun und Unterlassen von Unternehmensleitungen wären z. B.: Aufdecken von skandalträchtigen Geschäftsmodellen, aufrufen zum Boykott, einfordern umweltfreundlicher Innovationen, wechseln zu umweltfreundlicheren Konkurrenten oder kaufen von umweltschonenden Produkten.

Unternehmen selber können nicht kommunizieren. Auch die Umwelt an sich kann nicht kommunizieren. Wenn eine Kommunikation zwischen Unternehmen und Umwelt gelingen soll, dann bedarf es Personen. Personen können Kommunikationen tätigen und bewirken, dass andere Kommunikationen von anderen Personen darauf Bezug nehmen.

Prof. Dr. Falko E. P. Wilms

ist Berater, Coach und Hochschullehrer. Er begleitet Teams und Führungskräfte durch (bislang) unbekanntes Gelände. Sein Motto: Miteinander denken, tragfähig entscheiden und arbeitsteilig handeln. Das ermöglicht den Erfolg! Als Speaker und Autor bietet er zahlreiche kurze Podcasts an.

office@falko-wilms.de I www.falko-wilms.de

falko.wilms@fhv.at I www.staff.fhv.at/wf

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[1] Vgl.: Rüegg-Stürm, J./Grand, S. (2017): Das St. Galler Management-Modell, 3. Aufl, Bern

[2] Eigene Darstellung in enger Anlehnung in Form und Farbe an Rüegg-Stürm/Grand 2017

[3] Vgl.: Rüegg-Stürm, J./Schedler, K./Schuhmacher, T. (2015): Multirationales Management. Fünf Be­arbei­tungsformen für sich widersprechende Rationalitäten in Organisationen; in: OrganisationsEntwicklung 2/15; S. 4-11

[4] Rüegg-Stürm, J./Grand, S. (2019), S. 106f.  

[5] Rüegg-Stürm, J./Grand, S. (2019), S. 250f.  

[6] Eigene Darstellung in enger Anlehnung in Form und Farbe an Rüegg-Stürm/Grand (2019), S. 141 

 


Bildnachweis: Prof. Dr. Falko Wilms