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Problemlösungsprozesse initiieren

Konstruktive Aussprache statt irreführende Diskussion

Prof. Dr. Falko E. P. Wilms

Die gemeinsame kommunikative (Mit-)Gestaltung von Problemlösungszyklen prägt den ökonomischen Erfolg, den Individuen, Gruppen, Organisationen oder ganze Organisations-Verbünde erreichen können.

Der Ausgangspunkt

Das St.Galler Management-Modell von 2015 liegt in deutscher und in englischer Sprache vor1 und benutzt eine kommunikationszentrierte Perspektive. Die Zweisprachigkeit macht das Modell im Rahmen von bilingualen akademischen Lehrangeboten, hausinternen Aus- und Weiterbildungen von Nachwuchsführungskräften sowie von offenen Workshops besonders wertvoll.

Das Modell besteht aus drei aufeinander verweisenden bedeutsamen Kategorien: Umwelt3, Organisation4 und Management5. Diese Kategorien werden durch Kommunikation für die Beteiligten der arbeitsteilig ineinandergreifenden Wertschöpfungsprozesse und ihrer Schnittstellen zugänglich. Die Gestaltung von Strukturen und Prozessen der Kommunikation wird dabei als bedeutsamste Aufgabe für Gestaltung und Steuerung jeder zeitlich/örtlich verteilten Wertschöpfung angesehen.5

Unter Entscheidungspraxis6 wird im St.Galler Modell verstanden, durch Kommunikation gemeinsame Gewissheiten mit hoher Bindungswirkung zu formen und Entscheidungen als kommunikative Errungenschaften anzusehen. Die Entscheidungspraxis umfasst die organisationsintern gewohnten Kommunikations-, Entscheidungs- und Handlungsmuster einer Problemlösung.

Der Problemlösungszyklus

Ein Problemlösungszyklus meint ein geordnetes Vorgehensmodell mit verschiedenen Arbeitsphasen, in denen bestimmte

  • Methoden (begründete Vorgehensweisen),
  • Techniken (eingeübte Handlungen),
  • Instrumente (gezielte konkrete Objekte),
  • sinnvoll/logisch geordnet angewandt werden,
  • um einen als „problematisch“ bezeichnete Sachzusammenhang gezielt zu bearbeiten.

In Problemlösungszyklen der Fachliteratur werden zumeist die Phasen Formulieren der Problematik, Finden möglicher Lösungen, Bewerten der Lösungs-Optionen und Treffen der Entscheidung durchlaufen. Die Phasen der Planung konkreter Maßnahmen und der Steuerung der praktischen Umsetzung werden teilweise dazugerechnet, teilweise einem gesonderten Projektmanagement zugewiesen.

Zunächst werden beim Formulieren der Problematik bis ins Finden von möglichen Lösungen hinein Wahrnehmungen und Datenbestände hinsichtlich ihrer Bedeutsamkeit und ihrer Bedeutung interpretiert.

Die formulierte Problematik wird oft in die Formalsprache der Mathematik überführt. Dieses Mathematisieren wird dann beim Finden theoretisch möglicher Lösungen, beim Bewerten gefundener Lösungs-Optionen und beim Treffen der Entscheidung beibehalten.

Danach gilt es beim Treffen der Entscheidung zu beachten, dass jeder noch so regelkonform hergeleitete Entscheid immer hinsichtlich seiner konkreten, praxistauglichen Umsetzung in konkretes Handeln zu interpretieren ist.

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Abb. 1: Grundlegender Problemlösungsprozess (Quelle: Eigene Darstellung)

Um das erarbeitete Resultat in die Praxis überführen zu können, sind abschließend konkrete Maßnahmen zu planen und das Umsetzungsprojekt zu steuern, beides kann man unter projektieren zusammenfassen. Mit der Abnahme des Projektergebnisses sollte mit dem Durchlaufen des Problemlösungszyklus (Abb. 1) der anfänglich als „problematisch“ bezeichneten Sachzusammenhang verändert sein und nicht weiter negativ auffallen.

Die kommunikative Basis

Alle Phasen eines Zyklus der Problemlösung in Gruppen sind über die gruppenintern aneinander anschlussfähigen Kommunikationen miteinander verbunden. Sie ermöglichen den Erfolg des Tuns/Unterlassens der (Projekt-)Teamarbeit durch arbeitsteilig ineinandergreifende Einzelhandlungen.

Kommunikation meint hierbei keinerlei Informationsübertragung zwischen den Beteiligten. Kommunikation meint den gemeinsamen Prozess der Versprachlichung eigener/fremder Vorstellungen in der Absicht, die Gesprächspartner zu Gedanken anzuregen, die sie sonst nicht hätten. Eine Mitteilung ist daher eine kommunikative Handlung, die den Gesprächspartner dazu anregen soll, eine Information zu generieren7, worunter ein zeitpunktbezogenes Ereignis mit einem VORHER/NACHHER-Unterschied im Denken zu verstehen ist, der – warum auch immer – für die denken­de Person bedeutsam ist.8

Die Worte in den Kommunikationen sind letztlich unvollständige Container für Bedeutungen und lenken die Prozesse der gemeinsamen Bedeutungserzeugung mit den daraus folgenden Möglichkeiten des Handelns (Sensemaking7). Damit die gemeinsam erzeugte Bedeutung des Besprochenen eine Wirkung mit hoher Bindungswirkung entfaltet, werden diesbezüglich verbindliche persönliche Selbstverpflichtungen (Commitments) der Beteiligten benötigt.

Es zeigt sich also, dass die Basis einer jeden Problemlösung in den benutzten, keinesfalls ergebnisfixiert steuerbaren Prozessen seiner kommunikative (Mit-)Gestaltung liegt (Abb. 2) und dass Prozesse der zwischenmenschlichen Kommunikation keinesfalls mit dem traditionellen Sender-Empfänger-Ansatz, mit seiner Idee des Informationsaustausches, verstanden werden können.

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Abb. 2: Die Basis jedes Problemlösungsprozesses (Quelle: Eigene Darstellung)

Das Fazit

Jeder Problemlösungszyklus wird durch aufeinander verweisende, aneinander anschlussfähige Kommunikationen zusammengehalten. Mit Kommunikationen wird ein gemeinsames Verständnis über das Gegebene und über das Gewollte erarbeitet (Sensemaking), dessen Resultat durch die Abgabe von Selbstverpflichtungen (Commitments) ihre kollektive Verbindlichkeit erlangt. Dies alles wird im St.Galler Management-Modell entfaltet, das in deutscher und englischer Sprache vorliegt und konsequent eine kommunikationszentrierte Perspektive benutzt.

Der Autor: Prof. Dr. Falko E. P. Wilms

Berater & Hochschullehrer, Leiter des Competence Center of Communication & Collaboration an der FH Vorarlberg in Dornbirn (Österreich) und Anbietet zahlreicher kurzer podcasts unter: www.youtube.com/c/FalkoWilms

office@falko-wilms.de  
www.falko-wilms.de 

falko.wilms@fhv.at
www.staff.fhv.at/wf

Eine kostenlose Checkliste für gute kommunikative Problemlösungen gibt es hier...

1 Vgl.: Rüegg-Stürm, J./Grand, S.: Das St. Galler Management-Modell, 2. vollst. überarb. u. grundl. weiterentw. Aufl, Bern 2015; dies: The St. Gallen Management Model. English translation of the fourth generation of the German text, Bern 20152016

3 Vgl.: Rüegg-Stürm, J./Grand, S., a. a. O., S. 64f.

4 Vgl.: Rüegg-Stürm, J./Grand, S., a. a. O., S. 128f.

5 Vgl.: Rüegg-Stürm, J./Grand, S., a. a. O., S. 190ff.

6 Vgl.: Rüegg-Stürm, J./Grand, S., a. a. O., S. 160f.

7 Vgl.: Luhmann, N.: Soziale Systeme, Frankfurt/M. 1984, S. 194

8 Vgl.: Bateson, G.: Ökologie des Geistes, Frankfurt/M.: 1995, S. 123

9 Weick, K. E.: Sensemaking in Organizations. Foundations for Organizational Sciences, London 1995; Ders.: Der Prozeß des Organisierens, Frankfurt am Main 1995

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