Margret Richter

Komplexitätsmanagement

Lösungen für weltweite Systemkrisen

Dr. Margret Richter

Kundennutzen statt Gewinnmaximierung. Geld ist wichtig, reicht als Steuerungs­größe für ein Unternehmen jedoch nicht aus. Dabei spielt dessen Größenordnung keine Rolle. Das Prinzip gilt sowohl für große Aktiengesellschaften als auch für Einzelunternehmer.

Die einseitige Orientierung der Firmen auf Gewinnmaximierung hat zu der Welt­wirtschaftskrise geführt, die wir jetzt zu bewältigen haben. Systemdenker und Kyber­netiker haben nicht nur die Finanzkrise sondern auch die sich auf die Weltwirtschaft ausdehnende Krise vorausgesagt. Sie wussten auch, dass sie alle Lebensbereiche treffen wird.

Die Welt hat Probleme, doch wir haben auch Lösungen zum Managen der Komplexi­tät mit seiner starken Vernetzung und Dynamik als Folge der Globalisierung. Das Beispiel Outsourcing von Leistungen zeigt, was passiert, wenn komplex mit kompli­ziert verwechselt und das große komplexe Ganze nicht überschaut wird. Um Kosten zu sparen, werden oft Unternehmensfunktionen in Billiglohnländer verlagert. Die Verringerung der Kosten der Arbeitszeit wird dabei als entscheidender Faktor ange­sehen. Nicht berücksichtigt werden viele andere erfolgskritische Faktoren wie zum Beispiel dieProbleme durch Sprachschwierigkeiten, Kommunikationsprobleme durch unterschiedliche Zeitzonen und Arbeitszeiten, organisatorische Probleme, die durch kulturelle Unterschiede oder eine andere Arbeitsmoral. Kurzfristig kommt es zwar zu einer Kostensenkung durch die symptomatische Bearbeitung des Problems, doch dafür entstehen zahlreiche andere Probleme. Das Ziel Gewinnmaximierung durch Kostensenkung kommt das Unternehmen teuer zu stehen. Outsourcing ist eine komplexe Herausforderung und muss mit den Methoden des Systemdenkens bearbeitet werden. Die erfolgskritischen Faktoren des Gesamtunternehmens sollten in ihren Abhängigkeiten analysiert werden. Es muss eine gute Analyse der Ziele erfolgen, um einen optimalen Umgang mit den Zielkonflikten zu finden.

Auch wenn ein Unternehmen meint, Personal abbauen oder Weiterbildungsmaß­nahmen streichen oder reduzieren zu müssen, sollten die Auswirkungen auf das Gesamtsystem mit den Methoden des Systemdenkens analysiert werden. Dann ist zu erkennen, welche Maßnahmen für das Gesamtsystem sinnvoll sind und welche ihm eher schaden.

Komplexität künstlich zu reduzieren kann gefährlich sein

Wenn man Zusammenhänge nicht überblickt, versucht man, Komplexität künstlich zu reduzieren und berücksichtigt wesentliche Systemteile nicht. Das geschieht, wenn Unternehmen auf die ökonomischen Aspekte reduziert und menschliche, organi­satorische, qualitative Aspekte und die Marktgegebenheiten nicht betrachtet werden. Folgende Wertschöpfungskette ist bekannt:

  • Hoch qualitative Mitarbeiter >
  • führen zu qualitativ hochwertigen Leistungen. >
  • Diese führen zu zufriedenen Kunden >
  • und dadurch kommt es zu ausgeglichenen Finanzen.

Diese vier Aspekte sind aus der Balanced Scorecard bekannt. Doch dort werden sie nicht untereinander vernetzt. Ein Unternehmen ist jedoch ein System, das aus unterschiedlichen miteinander vernetz­ten erfolgskritischen Elementen besteht. Deren Beziehungen weisen eine hohe Dynamik auf. Diese muss in der Auswahl der Bearbeitungsmethoden berücksichtigt werden. Da jedes Unternehmen in Wechselwirkung mit einem dynamischen Umfeld steht, muss es in der Vernetzung mit dem Unternehmen in die Problembetrachtung einbezogen werden. Das ist nur möglich mit den Methoden und Instrumenten des Systemdenkens.

Die erfolgskritischen Faktoren definieren und in ihrem Zusammenspiel erfassen

Um ein Unternehmen optimal steuern zu können, muss es ganzheitlich erfasst werden. Dazu müssen die erfolgskritischen Faktoren aus den wesentlichen Unter­nehmensbereichen definiert und in ihrem Zusammenspiel erfasst werden. Es ist empfehlenswert, sich bei der Definition der erfolgskritischen Faktoren an den Bereichen Mitarbeiter, Qualität, Kunden, Finanzen der linearen Methode Balanced Scorecard und zusätzlich dem Umfeld zu orientieren. Doch im Systemdenken zum Komplexitätsmanagement werden die Beziehungen zwischen den erfolgskritischen Faktoren erfasst und in einem Wirkungsnetz visualisiert. Das reicht nicht aus, um die selbst gesetzten Ziele zu erreichen, die im Systemdenken in jedem der vier Bereiche Mitarbeiter, Qualität, Kunden und Finanzen definiert werden. Die alleinige Gewinn­maximierung greift zu kurz. Werden die Nebenwirkungen von Aktionen und die Rückkopplungen zwischen verschiedenen Faktoren oder mit der Umwelt nicht beachtet, werden die Ziele verfehlt. Nach der Darstellung des Zusammenspiels der Erfolgsfaktoren wird deshalb das Zusammenspiel auf Neben-, Wechsel-, Folge-, Spätwirkungen von Eingriffen analysiert. Nur wenn die bekannt sind, können optimale Strategien unter optimalem Budgeteinsatz entwickelt werden. Ziel ist im Systemdenken somit nicht, eine einzige erfolgskritische Größe zu optimieren, sondern Ziel ist, die Leistungsfähigkeit des gesamten Unternehmens zu verbessern. Zudem wird es so flexibel gemacht, dass es sich an die sich ständig ändernden Bedingungen anpassen kann. Das heißt, das Unternehmen muss so gesteuert werden, dass es seine Ziele trotz der hohen Dynamik des Marktgeschehens erreichen kann.

„Keep it simple“ greift unter den heutigen Bedingungen zu kurz. Dadurch wird die Komplexität auf unzulässige Weise reduziert und die dafür charakteristische Ver­netzung und Dynamik nicht berücksichtigt. Unternehmen und Organisationen sowie alle anderen komplexen Systeme haben ihre Eigengesetzlichkeiten und ein Eigen­leben. Wenn man sie kennt, kann man sie nutzen. Die Methoden des System­denkens nutzen diese Gesetzmäßigkeiten zur optimalen Bearbeitung komplexer Probleme und komplexer Unternehmen.

Netz­plantechnik, Mindmapping, Entscheidungsbäume oder Ursache-Wirkungsbäume, taugen nicht zur Bearbeitung komplexer Probleme

So wie im Alltag für jedes Problem das richtige Handwerkszeug benutzt wird, so sollte es auch im Management- und im Beratungsalltag sein. Methoden, die zur Bearbeitung komplizierter Probleme gut und effizient sind wie zum Beispiel Netz­plantechnik, Mindmapping, Entscheidungsbäume oder Ursache-Wirkungsbäume (Fishbone-Diagramme), taugen nicht zur Bearbeitung komplexer Probleme. Die erfordern zur Lösung die Methoden und Instrumente des Systemdenkens. Es gibt dafür keine besseren und keine anderen, denn diese basieren auf den Gesetz­mäßigkeiten der Natur, die sich seit Jahrmillionen bewährt haben.

 


 

 

 

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